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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 1. Januar 2023
- Category: Kirchenporträts, Kleine Beiträge
St. Maria Viktoria, ehem. Berlin-Mitte, (Tägliche Kirche 36)
St. Maria Viktoria war eine Krankenhauskirche. Sie befand sich von 1912 bis 1938 in der Karlsstraße in Berlin-Mitte. Heute heißt die Straße Reinhardtstraße. Dieser kurzlebige aber nach den Bildern, wunderschöne neugotische Sakralbau, wird heute erneut vorgestellt. Passt gut zum Neujahrstag, dem Hochfest der Mutterschaft Mariens, über St. Maria Viktoria (Hl. Maria die Siegerin) zu berichten. Das heute promiente Baugrundstück war ein Geschenk von Fürst Karl Heinrich zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1834-1921, Link zum Wikipedia-Artikel) für die Arenberger Dominikanerinnen. Nachdem er das 2. Mal verwitwete, wurde er 1902 Dominikaner und später sogar zum Priester geweiht und wirkte als P. Raymundus Maria. In seinem früheren Leben war er einer der führenden Köpfe der katholischen Laienbewegung in Deutschland.
Geschichte des Gebäude-Ensembles
1889 kam das damals klassizistische Gebäude in der Karlstraße 29 (heute: Reinhardtstr. 14) an die Arenberger Dominikanerinnen. Dort betrieb der Orden hier nun das St.-Maria-Victoria-Krankenhaus. Wohl dafür erwarb der Stifter auch die benachbarten Grundstücke. Somit konnte von 1908-1912 ein Gebäudekomplex mit 400 Betten, mehr als 60 Dominikanerinnen, einer Pflegeschule und schließlich einer Kirche eröffnet werden.
Das gesamte Ensemble stammte jedenfalls von dem bekannten Kirchenarchitekten Caspar Clemens Pickel (1847-1939, Link zu Wikipedia) aus Düsseldorf. Die Bauausführung lag indes bei der Firma von Hermann Bunning (1868-1930, intern).
Pickel hatte davor verschiedene Bauten für die Dominikaner errichtet. Die Arensberger Kongregation war ebenso in Berlin an anderen Orten vertreten, stets mit dem Schwerpunkt Pflege. So beispielsweise auch das Schöneberger St.-Norbert-Krankenhaus (von Albert Weber), ferner die gleichnamige Kirche von Carl Kühn.
Baugeschichte der Kirche
St. Maria Viktoria war folgerichtig in den Gebäudekomplex eingebunden. Soweit ich weiß kam man durch ein Portal im Quergebäude, über dem eine Kreuzigungsgruppe auf den Sakralraum hinwies, in die Kirche.
Sie war eine dreischiffige neugotische Basilika. Die Ausstattung dafür erscheint sehr qualitätsvoll und reichhaltig. Der Hauptaltar war ein Kreuzaltar. Unter der Empore befand sich überdies ein weiterer Altar. Ebenso gab es einen anschließenden Schwesternchor.
Außerdem weißt der Innenraum filigrane Dekore an den Altären, den Fenstern, Kolonnaden usw. auf. Also wurde eine sehr detaillierte Gotikvorstellung inszeniert. Genauso verlangte es die strenge historistische Bautradition. Jedenfalls realisierte Architekt C. C. Pickel hier anscheinend ohne Kostendruck einen Sakralraum in rheinischer Kathedralgotiktradition. Dementsprechend hochwertig scheint auch der Krankenhausbau gewesen zu sein. Über die teilhabenden Künstler ist mir aber bis auf Peter Tillmanns (s. unten) keiner bekannt.
Bauschäden und Kirchenschließung
Jedoch wenige Jahre nach der Inbetriebnahme des neuen Maria-Viktoria-Krankenhauses tauchten Bauschäden auf. Seitdem kam es zu starker Rißbildung. Möglicherweise wurden die Schäden durch den U-Bahn-Bau verstärkt. Während das Krankenhaus saniert werden konnte, brachte der Orden die Renovierungskosten des Sakralbaus nicht mehr auf. Schließlich schloss die Kirche St. Maria Viktoria. Inzwischen war hier eine Kuratie-Gemeinde von St. Hedwig entstanden die 3200 Mitglieder hatte. Mit dem Abriss 1939 wurde der Sprengel umgepfarrt in die Nachbargemeinden.
Weitere Verwendung der Ausstattungsstücke
Infolgedessen wurde sicherlich das gesamte Innenleben der Kirche verlagert. Doch wohin die Stücke gelangten ist nicht bekannt. Der Hauptalter hingegen kam wohl 1940 in die Klosterkirche St. Dominikus des 1899 gegründeten Meckinghofer Dominikanerklosters (s. Link unten). Er stammte wohl aus der Werkstatt Peter Tillmanns, Bildhauer aus Erkelenz. Demzufolge ist anzunehmen, dass der Bildschnitzer auch weitere Arbeiten in der Berliner Kirche schuf. Doch dies ist ebenso wie der Verbleib der restlichen Ausstattung Spekulation. Der Hochaltar der Berliner Kirche, übrigens, entstand nach einem älteren Entwurf des Wiener Dombaumeisters Freiherr Friedrich von Schmidt für die Dominikanerkirche in Düsseldorf bereits 1870. Dafür reichte das Geld nicht. So dass Tillmanns die Gestaltung 1910 in Berlin umsetzte.
Schlussworte
Abschließend ist festzuhalten, dass mit dem Abriss der Kirche ein Loch in die Sakralbaulandschaft Berlins gerissen wurde. Jedenfalls kann man aufgrund der erhalten gebliebenen Gebäudes, den Reinhardstraßenhöfen, wo u.a. die Bundeszentrale der FDP untergebracht ist ebenso wie andere Institutionen, einen Eindruck des Ensembles erhalten. Die faszinierende Kirche St. Maria Viktoria ist nun zumindest hier erfahrbar.
Externe Links
Eine Seite über den Hochaltar in Meckinghoven:
https://www.initiative-datteln.de/die-perlen-der-stadt/hochaltar-in-meckinghoven/
Die Seite der heutigen Gebäudevermarkter:
http://www.reinhardtstrassen-hoefe.de/architektur.php
Eintrag in der Berliner Denkmaldatenbank: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_karte_datenbank/de/denkmaldatenbank/daobj.php?obj_dok_nr=09090050
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