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Maria Magdalena Evangelische und Katholische Kirche in Freiburg Rieselfeld

Maria Magdalena ist ein ökumenisches Kirchenprojekt in Freiburg Rieselfeld. Dort hatte die Stadt ihre letzte Erweiterung geplant. Gut 10.000 Wohnungen wurden im Westen der Schwarzwaldmetropole ab 1995 realisiert. Dabei wurde viel Freiraum eingerechnet, Wohngebäude mit günstigen Mieten und maximal fünf Geschossen. Ebenso hatte man für beide großen Konfessionen Bauplätze angedacht sowie für andere Kultur- und Gemeinschaftsbauten.

Wohn- und Geschäftshaus gegenüber der Kirche

Geschichte des Sakralbaus

Schließlich entschieden sich die beiden Gemeinde, nach langer Überlegung und intensiver Überzeugungsarbeit, dazu gemeinsam in dem neuen Stadtteil aufzutreten. Dies unterstützte die Stadt dadurch, dass ein zentrales Baugrundstück im Zentrum des Gebiets zur Verfügung gestellt wurde. Dort sollten die Christen sichtbar werden, vor allem durch zeitgemäße Architektur. Als eines der letzten Bauvorhaben entstand nun die Simultankirche. Nach einem Wettbewerb im Jahr 1999 gewann die Architektin Susanne Gross aus Köln.

Lageplan aus der Projektphase
Q: Deutsche Bauzeitung (Zugriff: 23.9.23):
https://www.db-bauzeitung.de/architektur/kulturbauten/doppelkirche-freiburg-rieselfeld/#slider-intro-3

Ihr Büro Kister Scheithauer Gross schlug eine Sichtbetonkirche in der Stil-Tradition des Brutalismus vor. Einer Bauform, die in den letzten 20 Jahren oft in die Kritik kam, da viele Menschen mit dem sichtbaren nicht als individuell wahrgenommenen Bauformen haderten. Infolgedessen waren besonders Beton-Brut-Kirchen der Nachkriegsmoderne angefragt und oftmals preisgegeben worden. Der Baubeginn war 2002 und zwei Jahre später konnte die Kirche eingeweiht werden. Als Baukosten sind 5,7 Millionen Euro angegeben.

Blick von Nordosten (hinten) gut erkennbar ist der Bereich mit den Büros und Gemeinderäumen.

Beschreibung der Kirche von außen

Insofern war es eine bewusste Entscheidung diese Epoche zu zitieren. Gleichwohl ist der entstandene Bau weder kühl noch abwehrend oder „brutal“. Wie ein Gebirge steht auf dem Maria-Von-Rudloff-Platz neben dem Kulturhaus ein von Öffnungen durchbrochener Bau auf unregelmäßigem Grundriss. Seine Wandflächen sind teilweise geneigt und geknickt. Somit entsteht ein Kubus, der an einen unregelmäßigen Eisberg erinnert. Auf der Rückseite im Norden des Baus sind die Gemeinderäume und Büros untergebracht. Diese erreicht man durch eine eigene Eingangstür. Aufgrund der Nutzung ist die Außenwand hier sehr regelmäßig von Fenstern durchbrochen.

Eingang im Süden

Dabei weist die Vorderseite keine Durchfensterung auf. Da auf einen Turm verzichtet wurde ist die Funktion durch das Kreuz an der Straßenseite der einzige direkte Nutzungshinweis. Dies ist ebenfalls ein Osterkreuz nach Entwurf der Architektin Gross. Gleichwohl erzeugt der gestaltete und gut proportionierte Baukörper Monumentalität. Dieser Charakter lässt wohl jeden der vorübergeht überlegen welche Aufgabe dem Gebäude zukommt. Hinzu kommt, dass die Anliegen der Nutzer um einen nachhaltigen Bau erfüllt wurden. So gibt es eine Solaranlage auf dem Dach. Ebenso wurden verdeckt vier Glocken auf der katholischen Seite eingefügt. Drei davon sind aus der Erbauungszeit bzw. etwas später. Eine vierte stammt aus der Zeit um 1750 und ist derzeit aufgrund eines Sprungs nicht läutbar.

Die andere Seite vom Laden

Der Eingangsbereich ist zurückgesetzt. Er befindet sich nahezu in der Mitte der Front zu Rieselfeldallee hin, der Magistrale des Viertels. Rechter Hand vom Portal ist ein Kirchenladen, dort kann man Fair-Gehandeltes, antiquarische Bücher, Devotionalien und Informationen erhalten. Das Geschäft ist ein Begegnungsort, der von der Ostseite her vom Platz erreicht wird. Der entstandene Kirchenvorplatz weist ein ins Pflaster eingearbeitetes Labyrinth auf. Dies ist ein Zeichen für das Suchen, Finden und erinnert an Einkehr und die Lebenswege. In heutiger Zeit zudem ein beliebtes Element im Sakralbaukontext. Übrigens gibt es den bekanntesten Irrgarten im Kirchenraum in der Kathedrale von Chartre, dort seit dem 13. Jahrhundert.

Vor der Kirche: Ein Labyrinth mit Stuhl

Maria Magdalena von Innen

Die Haupt-Türen

Als Portal dient eine große Fensterfläche mit drei Doppelflügeltüren aus Holz. Durchschreitet man diese steht man im Foyer Bereich. Links davon befindet sich der katholische Feierraum mit gut 250 Sitzplätzen hingegen hat der evangelische Gottesdienstort zu Rechten Plätze für 100 Gläubige, jeweils mit eigenem Altar in gleicher Bauweise. Jedoch ist das Foyer nicht nur Eingangshalle.

Am Ende des Foyers

Dort befindet sich der gemeinsame Taufort in den Boden eingelassen. Ebenso stehen dort ein Lesepult und Kreuz. Durch große, motorbetriebene Trennwände lassen sich die Bereiche abteilen.

Taufe im gemeinsamen Foyer

Die größte der Wände hat übrigens 100 m² und wiegt gut 30 Tonnen. Zwar haben die beiden Bereiche links und rechts eine Längsausrichtung, dennoch steht der Altar jeweils an der Langwand, so dass sich die Gemeinde im langen Halbkreis darum versammeln kann. Als Bestuhlung dienen leicht wirkende Holzstühle mit geflochtenem Sitz.

Bodenabdeckung für die Wandschienen

Zur Funktionsweise

Ursprünglich feierten beide Gemeinden nebeneinander den Sonntagsgottesdienst. Im Anschluss daran war Begegnung möglich. Mittlerweile werden die Räume selten abgetrennt. Es gibt oftmals sonntags nur ein Gottesdienst zumeist ökumenisch. Ansonsten werden katholischerseits Eucharistiefeiner und Wortgottesdienste angeboten. Daher sind die drei „Kirchenschiffe“ zugänglich und die Ausrichtung der Sitze orientiert sich zur Nordwand der Eingangshalle.

Raumeindrücke von Maria Magdalena

Dachlandschaft

Von dort erhält man beim Hinaufschauen einen Eindruck von der gebrochenen Dachkonstruktion. Oberlichter wechseln sich mit Betonträgern und Holzbalken und -Paneelen ab. In der Nordwand ist eine Tür zu einem Andachtsraum eigelassen. Vor dort sieht man durch ein bodentiefes Fenster wieder hinaus auf den Platz.

Nordkapelle

Evangelischer Bereich

Dreht man sich im Foyer nach links sieht man den im Ostteil befindlichen evangelischen Kirchenraum. Vor dem großen Fenster ist eine eindrucksvolle Verdunkelung aus Holz angebracht. Sie wird von drei Schlitzen durchbrochen. Diese bringen direktes Licht in den Raum, ansonsten erzeugt die Abschirmung dort indirekte Beleuchtung hinter dem Altartische.

Paneel vor dem Ostfenster
Altar unter dem Paneel

Welcher übrigens von der Architektin entworfen wurde und aus Eichenholz gefertigt ist. Stützen der Mensa sind 40 hölzerne Rundstäbe, sie symbolisieren 40 Tage in der Wüste usw. An der Südseite gibt es neben einem eigenen Eingang eine Empore, diese ist ebenso aus Stahlbeton geformt und wird mit einer Wendeltreppe erschlossen. An die Wand ist in weißer Kreide eine Taube mit Olivenzweig gezeichnet. Ein beeindruckendes Zeichen, welches verschieden lesbar ist: als alttestamentliches Symbol der Rettung bzw. des Überlebens, als Heiliger Geist und darüber hinaus als Friedenszeichen.

Weitere Gestaltungselemente weist dieser Bereich nicht auf – eine noch einmal reduzierte Raumauffassung, die ich beeindruckend finde.

Katholischer Bereich

Gegenüber liegt die größere Raumfläche. An den kurzen Seiten finden sich hier zwei Emporen. Im Norden ist eine kleine Orgel aufgestellt. Sie stammt offensichtlich aus einem anderen Zusammenhang und wurde nicht neugebaut. Die Südwand, zur Hauptstraße hin, weist unter der Empore eine Marienkapelle auf. Dort befindet sich eine ungefasste Holzskulptur. Es ist eine Mondsichelmadonna vor einem Mandorla förmigen Strahlenkranz in den Stilformen des Spätmittelalters.

Ebenso gibt es eine Tabernakel Nische, deren Schrein zudem ein Entwurf der Architektin ist. Links neben dem Schrein befindet sich eine Auferstehungs-Nische, deren Ausstattung mit Spruchzeilen an die Apostelin Maria Magdalena und somit das Patrozinium der Kirche erinnert, die als Erstzeugin der Auferstehung gilt. Hinter dem Altar gibt es eine der Faltung der Wand folgende Nische. Diese wird von oben belichtet und bietet eine Sitzbank für die liturgischen Dienste. Neben dem Altar steht links ein Lesepult in gleicher Machart wie der Opfertisch. Dazwischen ein Kreuz, das ganz in grün gehalten ist, bis auf eine rote Schlange am Boden. Aus den Kreuzarmen sprießen grüne Blätter. Also kommen hier Bezüge zur Wurzel Jesse, zur Befreiung aus der Erbsünde durch den Kreuzestod Jesu bzw. zum Lebensbaum auf.

Katholischer Altarbereich
Blick vom einen zum anderen Altar

Würdigung

Ganz zu Recht ist die Kirche Maria Magdalena eine Freiburger Sehenswürdigkeit, über die an vielen Stellen berichtet wurde. Ebenso erhielt die Architektin dafür u.a. eine Anerkennung beim Deutschen Architekturpreis 2005. Außerdem ist es ein kirchlicher Ort mitten im Ortsteil und im Leben. Tagsüber geöffnet kann jede und jeder eigene Erfahrungen mit dem Raum machen und dieses Erleben. Darüber hinaus wirken die beiden Gemeinde in vielen Belangen zusammen, so z.B. bei den pastoralen Angeboten für unterschiedliche Altersgruppen. Zwar sind technisch die beiden Konfessionen noch abtrennbar, doch anscheinend ist die Praxis (und Notwendigkeit) verbindender. „Die hoch aufragenden Mauern beheimaten nicht allein zwei Gemeinden, sondern eine ökumenische Gemeinschaft.“ Schreibt Jürgen Krüger in seinem Beitrag (s. unten). Hinsichtlich der Qualität des Baus fasst Walter Zahner es in seinem Kirchenführerheft zur Kirche passen zusammen, indem er feststellt in dieser Kirche fungiert „Kargheit als Zeichen“.

Rechts neben dem katholischen Chorraum

Es erscheint mir als zukunftsfähige Lösung in einer zeitgenössischen eigenwilligen Gestaltung. Ein sehr gelungener Kirchenbau in einem pulsierenden Stadtteil, gut 15 Minuten mit der Straßenbahn (Stadtbahn) vom Freiburger Hauptbahnhof entfernt und in der Regel von 9 bis 17 Uhr tägliche geöffnet.

Links zu Maria Magdalena

Seite der Katholischen Gemeinde:
https://www.kath-freiburg-suedwest.de/pfarreien/st-maria-magdalena/

Seiten der evangelischen Gemeinde:
https://ekifrei-suedwest.de/ueber-uns-gemeinde/predigtbezirke/allgemeine-infos-mm/

Die Kirche auf den Seiten des Architekturbüros ksg:
https://www.ksg-architekten.info/de/projekte/sakralbauten/maria-madgalena-kirche-freiburg/

360°-Innenraumbild auf den Seiten der Landeskirche in Baden:
https://www.kircheninbaden.de/?startscene=scene_freiburg-01

Vorstellung der Kirche auf Straße der Moderne

Artikel bei der Deutschen Bauzeitung:
https://www.db-bauzeitung.de/architektur/kulturbauten/doppelkirche-freiburg-rieselfeld

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