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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 8. Januar 2023
- Category: Kirchenporträts
St. Peter und Paul, Pfarrkirche, Oberammergau
St. Peter und Paul ist die Hauptkirche des Passionsspielorts Oberammergau. In diesem Jahr findet dort wieder das beliebte Laientheater statt und daher ist das Städtchen in den Bayrischen Alpen wieder in aller Munde. Aufgrund eines Schwures der Dorfgemeinschaft zum Schutz gegen die Pest in der Kirche kam es zu dieser Tradition. Dies sollen die Bürger, übrigens vor dem Kreuzaltar der Kirche, 1633 beeidet haben. Schon im Folgejahr fand die erste Aufführung statt. Ein Chronist berichtet dazu: „In dem großen Leidwesen, welches die furchtbare Krankheit über die Gemeinde gebracht hatte, sind die Vorgesetzten der Gemeinde zusammengetreten, und haben das Verlöbnis gemacht, die Passionstragödie alle zehn Jahre zu halten, und von dieser Zeit an ist kein einziger Mensch mehr gestorben, obwohl noch etliche die Pestzeichen an sich hatten.“ (Q: Ortschronik des Pfarrer Daisenberger, zitiert n. https://www.passionsspiele-oberammergau.de/de/spiel/historie)
Geschichte der Region
Das bayrische Oberland zählte zu den früh christianisierten Regionen. Dort sind bereits Siedlungsspuren der Kelten aus der Zeit um 500 nachweislich. Kurz darauf kamen die ersten Germanischen Siedler in den Landstrich und somit auch die Welfen. Später wird das Gebiet im Ammertal dem, im 11. Jahrhundert durch Welf von Baiern gegründet dem Augustiner Chorherrenstift, Kloster Rottenbuch zugeordnet. Von dort wird die Pfarrseelsorge durch einen Chorherrn verrichtet. Oberammergau wird ein Zentrum der Region. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts liegt die weltliche Macht nun beim Benediktiner-Kloster Ettal, einer Gründung König Ludwigs. Somit hat die Gemeinde zwei kirchliche Herrschaften weltlich und geistlich. Heute hat der Ort gut 5000 Einwohner. Dieses Jahr ist wieder viel los, denn coronabedingte sind die Aufführungen von 2020 auf diese Saison verschoben.
Patronat und Baugeschichte der Kirche
Das Patronat St. Peter und Paul weist übrigens auf einen frühen Kirchenbau hin. Vermutlich gab es eine erste Kirche aus Holz. Später kamen eine romanische und danach eine gotische aus Stein hinzu. Diese soll um 1706 sehr schadhaft gewesen sein. Somit organisierte der Pfarrvikar, einer der Chorherren aus Rottenbuch, einen Neubau. Da dieser Clemens Prasser 1740 (bis 70) selbst zum Propst des Augustiner-Stiftes avancierte, konnte er den Weiterbau lange unterstützen. Hinsichtlich des Kirchenneubaus zogen geistliche und weltliche Herrschaft an einem Strang. Nur die Bauernschaft wollte zunächst nicht mitziehen. Dabei wollten die Oberammergauer zunächst bis auf Fuhrdienste keine Unterstützung leisten. Somit finanzierte die geistliche Herrschaft den Rohbau 1736-39 aus Eigenmitteln.
Seitdem feierte man in der unfertigen Kirche Gottesdienste. Dann kam es erneut zum Streit zwischen Gemeinde und Pfarrherren. Die Einwohner wollten sparen und den Turm nicht fertigbauen lassen. Also ließ der Pfarrer diesen kurzerhand einfach Bedachen, ohne die geplante Höhe erreicht zu haben. Später suchte die Dorfgemeinschaft einen kostengünstigen Kuppelmaler. Doch dessen Werk war von so geringer Qualität, sodass man es alsbald übermalen ließ. Seit dieser Erfahrung waren die Gemeindeglieder geläutert und kooperativer. Jedoch aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen, wie dem Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-48) musste der Bau ruhen. Schließlich kam 1749 der Weihbischof aus Freising, firmte 1200 Gläubige und konsekrierte die Kirche.
Die wichtigsten Künstler in St. Peter und Paul
Die Pläne zum Kirchenbau stammen von Joseph Schmuzer (1683-1752), einem Stuckateur und Architekten aus Wessobrunn, er barockisierte auch die herrschaftlichen Klöster in Ettal und Rottenbuch. So kam er auch zu dem Projekt in Oberammergau. Von Schmuzer stammten auch die Pläne für den Stuck der Kirche. Diesen führte ab 1739 sein Sohn Franz Xaver mit acht Gesellen innerhalb eines Jahres aus.
1759-61 wurde der Hochaltar fertiggestellt. Dies besorgte die Werkstatt von Franz Xaver Schmädl (1705-77) aus Weilheim, er war im ganzen „Pfaffenwinkel“ tätig. Kurz darauf wurden die neuen Deckenfresken durch Matthäus Günther (1705-88) fertiggestellt. Von ihm stammen auch weitere Bildwerke in der Kirche. Darüber hinaus stammen die später hinzugekommenen Fresken im Emporen Bereich Großteils vom Oberammergauer Franz Seraph Zwinck (1753-1808). Er stammt vermutlich aus derselben Familie wie der Meister von Beichtstühlen, Kanzel und Türen, Paul Zwinck (1704-78). Außerdem stammen verschiedene Schnitzarbeiten von Handwerkern vor Ort. Dort, in Oberammergau, etablierte sich nach 1500 eine bis heute bekannte und aktive Schnitztradition.
Der Außenbau
Von Außen wirkt die Kirche unscheinbar. Glatte Wandflächen bilden einen hohen Raum. Der eingezogene Chor hat zwar einen runden Abschluss, darin befindet sich jedoch die Sakristei. Somit endet die Altarwand Innen gerade. Rundbogenfenster gliedern die Wand und belichten den Raum. Im Bereich des Chores sind, teilweise verschlossene, Okuli darüber. Die seitlichen Anbauten dienen zur Unterbringung von zwei der vier Seitenaltäre. Dem Turm sieht man, übrigens, dank der guten Arbeit der Bauleute nicht an, dass er höher hätte werden sollen. Er wird, typisch für den Barock, durch eine einfache Welsche-Haube abgeschlossen. Der umgebende Friedhof war bis ins frühe 19. Jahrhundert der Aufführungsort der Passionsspiele. Man erreicht die geostete Kirche über Türen in den Langwänden im Westen.
Q: http://www.pfarrverband-oberammergau.de/kirchenrundgaenge/st-peter-und-paul-geschichte/fotos_peter-paul-24-januar-2018-01 (22.5.22)
Innenraum und Ausstattung
Im Inneren ist die Raumstruktur der Saalkirche beeindruckend. An den Altarraum schließen zwei eckige Raumteile an. Zunächst ein quadratischer Grundriss, dieser erste Bereich geriert sich als eine Art Querschiff. Somit realisierte der Baumeister eine großzügige und geräumige Wirkung und stellte Bezüge zu Kirchen mit Kreuzgrundriss sowie Basiliken her. Im Westen schließt ein rechteckiger Raumteil an, der mit einer zweigeschossigen Orgel-Empore endet. Dort steht noch der Prospekt von 1759, jedoch mit einem Instrument von 1893, eine Stiftung mit „romantischer“ Disposition, gebaut durch die Firma Steinmeyer, Oettingen.
Der Hochaltar in St. Peter und Paul von Schmädl und Günther
Die qualitätsvolle Ausstattung der Kirche ist so reichhaltig, dass ich mich auf meine Lieblingsstücke beschränke. Da ist zum einen das sehr gelungene Presbyterium mit dem Hochaltar. Neben dem reichhaltigen Figurenprogramm welche vorrangig von Schmädl stammt.
Q: http://www.pfarrverband-oberammergau.de/kirchenrundgaenge/st-peter-und-paul-geschichte/fotos_peter-paul-21-juni-2013-25/ (22.5.22)
Der Altar ist dem Bildthema „Rosenkranz“ gewidmet. So zeigt das Hauptbild Maria mit dem Jesuskind. Es hält den Rosenkranz. Von ihm geht die göttliche Macht in der Welt aus und verbreitet sich bis hin zu den Menschen. So sind durch den Maler Matthäus Günther u.a. Mitglieder der seit 1648 bestehenden Rosenkranzbrüderschaft abgebildet worden. Das Altarblatt kann gewechselt werden. So gibt es im Kirchenjahr unterschiedliche Darstellungen als Hauptbild des Altars. In der Fastenzeit wird Christus mit den Jüngern am Ölberg gezeigt. Darüber hinaus gibt es Darstellungen mit dem Auferstandenen oder eine Marienplastik für den Mai.
Das Deckenfresko
Zudem ist das Kuppelfresko von Günther beeindruckend. Die Arbeit mit gut 15m Durchmesser zeigt die Martyrien der beiden Kirchenpatrone Petrus und Paulus. Im zum Himmel hin geöffneten Rom, verabschieden sich die Apostelfürsten eingangs voneinander. Dann gehen beide in unterschiedliche Richtung in ihr Leid, welches in verschiedenen Stationen gezeigt wird. Schließlich findet das Bild im Himmel vor dem Angesicht Gottes seinen Abschluss. Dort wohin es auch die beiden sehr verschiedenen Jünger Jesu „geschafft“ haben. Ebenso wird vor dem Hintergrund des antiken Roms die Geschichte von Petrus und Paul an den Emporen im Westen weitererzählt.
Die Empore und die Jahreskrippe
Dort unter der Empore befindet sich auch der Taufstein. Er wurde aus dem Vorgängerbau übernommen und mit einem neuen Rokoko-Aufsatz neubekrönt. Dieser zeigt in hoher Qualität, die Taufe Jesu durch Johannes im Jordan. Schön eingebunden und nahezu lebendig gießt der Täufer mit einer Muschel als Schale, Wasser über das Haupt Jesu. Dabei stehen beide im Jordan. Hier wird die späte, jedoch heute gängige Taufform durch Übergießen gezeigt. Eigentlich wurde Jesus, wie in der alten Kirche, durch untertauchen getauft. Abschließend sollte noch die Jahreskrippe im Turmsockel erwähnt sein. Sie ist eines der jüngsten Werke im Kirchenraum und stellt die Verbindung zur Schnitztradition in der Region her. In der Zeit zwischen 1994 und 96 durch die Werkstatt Haseidl geschaffen, zeigt sie in barockem Stil von der Passion bis hin zur Verklärung die Kernsequenzen des Wirkens Jesu und des christlichen Glaubens.
Würdigung von St. Peter und Paul Oberammergau
Die Pfarrkirche St. Peter und Paul ist seit Jahrhunderten der Mittelpunkt des Dorfes. Ein von außen schlichtem Bau beeindruckt im Inneren durch hohe künstlerische Qualität. Ein heller Raum zieht den Besucher in seinen Bann. Darüber hinaus lädt der Sakralraum zum Verweilen und Betrachten ein. Dies ist besonders in einem zeitweise von Besuchern überlaufenen Ortes eine sehr besondere Qualität. Die Kirche von Oberammergau lohnt sich und erzählt weiterhin vom Leben einer Dorfgemeinschaft mit Gott über Jahrhunderte – beeindruckend!
Links
Seite der Gemeinde: http://www.pfarrverband-oberammergau.de/
Die Passionspiele 2022: https://www.passionsspiele-oberammergau.de/de/startseite
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