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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 21. März 2018
- Category: Uncategorized
Kind der 1950er – St. Konrad, Berlin-Schöneberg Süd (2/2)
Hier folgt nun die Fortsetzung zur Baugeschichte von St. Konrad, Berlin Schöneberg Süd – einem wahren Kind der 1950er….
Bau der heutigen Kirche und der Architekt Hans Schaefers
In den 1950er Jahren konnte die Planung für eine richtige Kirche umgesetzt werden. Der Architekt war Hans Schaefers, der 1907 geboren wurde. Nach Abitur und Arbeit bei einem Tischler studierte er Architektur an der Kunstgewerbeschule Charlottenburg und später ein Jahr bei Alfred Grenander. Die schwere Zeit der Wirtschaftskrisen überstand Schaefers durch die Gestaltung von Möbeln und kleineren Planungen für Um- und Ausbauten. 1937 gründete er ein eigenes Büro in Friedenau. Zu seinen frühen Projekten zählen Wohnhäuser und eine kleine Fabrik. In den Jahren des 2. Weltkriegs war er bei einer Planungsgesellschaft für Bauten der Kriegswirtschaft verpflichtet.
Ab 1946 war er erneut in Berlin tätig. Dort bewarb er sich bei den Kommandanturen der Besatzungsmächte um Aufträge und erhielt so den Auftrag zur Durchführungsplanung für das Theater Karlshorst und weitere Objekte für die UdSSR in West-Berlin. Es folgten 112 Kleinwohnungen an der Badener Str. So wie der Wettbewerbssieg für ein Bürohaus der Volkshilfe in der Lietzenburger Str. Der Vorsitzende der Jury war Egon Eiermann. Dieses Projekt galt als „einen Pionierleistung in den Jahren des Wiederaufbaus“ Berlins. Gut 50 Projekte realisierte Hans Schaefers nach 1951, teilweise mit Partner, darunter zählen Bauten des Zoos, Wohnsiedlungen und Kasernenbauten.
Seine erste Kirche St. Konrad wurde zu einem klaren Bauwerk des Neuanfangs nach dem Krieg. Die später von ihm errichtete St.-Michaels-Kirche in Berlin-Kreuzberg setzte 1965 das fort, was sich bei St. Konrad bereits andeutete.
Baubeschreibung
Ein freistehender in die Tiefe des Grundstückes einschneidender Kirchensaal mit einem abgelösten Turm in der Art eines Kampanile. Durch den höher gezogenen Portalbereich entsteht eine einladende gestaltende Zugangssituation. Der sanfte konisch-trapezförmige Grundriss der Kirche fokussiert den Innenraum zum Presbyterium hin.
Durch die leichte Bodenneigung in Richtung Altar bei gleichzeitigem vorsichtigem Anstieg der Deckenhöhe entsteht eine wohltuende Konzentration. Die Stahlbeton-Skelettkonstruktion besteht aus sechs „Bügeln“. Diese Träger strukturieren die Wandflächen. In den so entstehenden fünf Jochen, mit den Glasflächen in den Sichtbetongitterwänden, erscheint sich eine leichte Bewegung wieder zum eingezogenen Chorraum hin zu ergeben. Dieser erhält durch 12 Oberlichter eine diffusen Beleuchtung.
Der Turm dient ebenso als Treppenhaus für Wohn- und Gemeinderäume. Die Pergolagänge links und rechts des Eingangs, als verbindende Elemente gedacht, wurden aufgrund von Baufälligkeit abgerissen.
Die Baukosten der Kirche erscheinen für heutige Verhältnisse gering. Für Kirche mit gut 240 Sitzplätzen und Straßenturm waren rund 722000 DM fällig.
Inventar
Ursprünglich wies die Kirche wenige Kunstwerke auf. Das Zentrum bildete der grüngraue Marmor-Hochaltar. Der kastenförmige darauf stehende Tabernakel und das Tabernakelkreuz wie auch das korpuslose Kreuz über dem Altar stammen aus der Erbauungszeit. Die Leuchter und der Tabernakel stammen von der Firma Schlüter.
Der Ambo weist ein Dreifaltigkeitssymbol auf und ist ebenfalls aus Marmor. Die Marienfigur stammt von 1936 und ist nun tonfarben, in gleicher Höhe (132 cm) kam auf der anderen Seite des „Triumphbogens“ im selben Farbton 1958 eine Bruder-Konrad-Skulptur, ebenfalls aus Holz hinzu. Auch das Taufbecken aus Marmor ist aus dem Weihejahr. Der Holzintarsienkreuzweg wurde 1970 durch Rudolf Heltzel (1907-2005) gefertigt.
Das Bronzegeläut wurde 1957 von Petit&Gebr. Edelbrock gegossen. Da aus statischen Gründen zwei der Drei Glocken nicht mehr geläutet werden konnten, gab man diese 2013 an die St.-Georgs-Kirche im italienischen Piran ab. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1967 und wurde von der Firma Romanus Seifert und Sohn aus Kevelaer hergestellt. Sie ist vollständig elektrisch betrieben und weist 25 Register bei 1650 Pfeifen auf.
Im Winter wird der Gottesdienst im Pfarrsaal gehalten.
Würdigung
St. Konrad ist ein schönes Kind der 1950er Jahre. Schaefers wendet sich mit seinem Entwurf bewusst von allen historischen Bezügen ab. Ganz ohne Brutalismen entsteht ein „wohltuender“ Gottesraum von einem der fast vergessenen Berliner Wiedererbauer nach dem 2. Weltkrieg.
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