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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 30. März 2024
- Category: Aktuelles
Abstieg in die Vorhölle (Karsamstag)
Der Abstieg Christi in die Vorhölle erscheint uns heute besonders fremd. Dabei war es im Mittelalter ein wichtiges Thema. Es ging um die Frage, wen befreit der auferstehende Herr direkt aus der Hölle. In einem Bildwerk, welches sich im Rijksmuseum in Amsterdam (Niederlande) befindet, wird dieses Bildtradition besonders hochwertig dargestellt. Dort können wir sehen, was Jesus zwischen Kreuzigung und Auferstehung zu tun hatte. So wie es noch heute im Glaubensbekenntnis gebetet wird: „…gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten…“ Heute am Karsamstag, dem Tag der Grabesruhe habe ich einige Gedanken und vor allem Abbildungen des Schnitzwerkes beizutragen.
Hölle und Vorhölle bzw. Limbus
Während wir uns heutzutage nur noch wenig mit Verfehlungen und Sünden auseinandersetzen war es in der Lebenswelt des Mittelalters allgegenwärtig. Denn dort war der Tod dauerpräsent. Also wollte alle Menschen die Gefahr abmindern, durch böse Taten, nicht in den Genuss des himmlischen Paradieses zu kommen. Somit beteten die Menschen, kauften Votivgaben, zahlten Altaristen (d.h. einfache Priester, die regelmäßig Seelenmessen für eine Gruppe lasen) u.v.m. Es galt, dass die Hölle der Tiefpunkt war. Verließ eine Seele den toten Körper kam diese ins Partikulargericht, dort gab es eine erste Entscheidung. Daraufhin kommen die Seelen entweder sofort in die Hölle bzw in das Fegefeuer. Wo sie sich sozusagen bewähren konnten und später noch in den Himmel aufrücken.
Die wichtige Ausnahme stellen Heilige dar. Der Jüngsten Tag, also das Ende der sündhaften Welt mit der Wiederkehr Jesu als Erlöser, bringt das Weltgericht auf den Plan. Dann wird für alles abschließend entschieden. Doch was ist mit denen, die vor Jesu Geburt bereits heiligmäßig waren, z.B. den Erzeltern Adam und Eva? Außerdem wie verhält es sich bei Menschen, die ohne sündhaftes Leben starben, z.B. Säuglinge? Die kommen in den Limbus, die Vorhölle. Wobei es für beide Gruppen verschiedene Abteilungen gibt und darüber hinaus unzählige Diskussionen. Kurzum: Jesu steigt in den Limbus hinab und holt auf jeden Fall gleich die Altvorderen mit sich hinauf in den Himmel zur direkten Gottesschau.
Der Abstieg Christi in die Vorhölle, zum Bildwerk
Die Schnitzerei, welche heute in der Mittelaltersammlung des Amsterdamer Rijksmuseums ausgestellt ist, war einst Teil eines größeren Bildkonzepts. Die farbig gefasste Schnitzerei besteht, laut der Museumseiten (s. unten), aus drei zusammengesetzten Eichenblöcken. Diese wurden vermutlich ursprünglich mit Leim und Eisennägeln zusammengehalten. Untersuchungen deuten mittlerweile auf einen Entstehungszeitraum um die Mitte des 15. Jahrhunderts, also der späten katholischen Phase in den Niederlanden und Mitteleuropa. Es stammt zusammen mit den ebenfalls ausgestellten Reiterszenen zum einem Kreuzigungsaltar. Darauf ist eine Figurenreiche Darstellung des Kalvarienberges, ähnlich wie dem im Museum Schnütgenin Köln zu vermuten.
Somit ist zu vermuten, dass der gesamte Altar ungewöhnlich groß gewesen ist. Dafür spricht ebenfalls die herausragende Qualität. Es ist außerdem gut denkbar, dass unser Bild ein Teil der Seitenflügel war. Dort wurde die Heilgeschichte Jesu erzählt. So steht in der Beschreibung:
Dieser Altar muss insgesamt fast fünf Meter breit und in der Mitte etwa anderthalb Meter hoch gewesen sein. Es hätte mindestens vierzehn separate Figurengruppen enthalten; Dies wird durch die in die Kassette eingeritzten Ortsnummern „XII“, „XIIII“ und „XV“ bestätigt.
https://www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/BK-1962-33/catalogus-entry (30.3.24)
Würdigung der Schnitzerei
Der Abstieg Christi, deutet auf die hohe Qualität des nicht mehr vorhandenen Altars hin. Wo dieser Stand ist unbekannt. Jedoch steht es in der Tradition niederländischer Bildschnitzer. Außerdem ist es eingebettet in eine gotische Kirchenarchitektur. Ein wirklich passender Ort für Jesus, der begleitet von Engeln, die Hölle aufschließt. Das Bild überzeugt mit seiner Dramatik. Die historische Farbigkeit ist gut erhalten. Zudem erzeugt die Tiefenwirkung einen kleinen Sog ins Geschehen. Außerdem finden sich viele Details, wie der Dämon unter der Tür, auf der Christus steht und die er anscheinend eingetreten hat. Es ist durchaus actionreich und ein Hoffnungsbild, was Ostern mit den Menschen machen kann, damals wie heute.
Links
Die Objektseite beim Rijksmuseum, mit vielen weiteren Informationen: https://www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/BK-1962-33/catalogus-entry
Noch viel mehr Wissen zu Himmel und Hölle im Mittelalter, auf diesem spannenden Blog:
https://curiositas-mittelalter.blogspot.com/2019/04/jenseits-himmel-hoelle-fegefeuer.html
Weitere Infos auf den Seiten des Bibelwerks, u.a. hier ein PDF zum Thema: