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Josef der Arbeiter, Bergrothenfels

Bergrothenfels ist das Dorf, welches nahe der Burg Rothenfels entstand. Dort begann unser Herbsturlaub in diesem Jahr. Zwar ist die Burg kirchenbauhistorisch und liturgisch sehr relevant, jedoch muss dies zu einem anderen Zeitpunkt zum Thema gemacht werden. Momentan befindet sich die berühmte Kapelle dort, die auf Romano Guardini und Rudolf Schwarz zurückgeht, in Sanierung. Trotzdem ist die Kirche am Ort nicht weniger interessant.

Baustelle Ostflügel der Burg, im Vordergrund der Kapellenbereich

Geschichte der Burg, der Stadt und des Dorfes

Auf dem roten Fels am Main zwischen Marktheidfeld und Lohr im Osten des Spessart entstand im 12. Jahrhundert eine Burg. Zu Füßen des Burgbergs in einem schmalen Streifen zum Main hin entstand die Stadt Rothenfels, welche im 14. Jahrhundert erstmals in Urkunden Erwähnung fand. Auf der Hochfläche hinter der Burg siedelten die Arbeiter des Hofguts und Bauern, heute Bergrothenfels. Die Besitzer der Burg, ursprünglich wohl vom Würzburger Bischof gegründet wechselten. Schließlich kamen Sie mit der Säkulation, 1803, an den Staat Bayern, der es wiederum an Adlige weitergab. 1919 erhielt der Katholische Jugendverband Quickborn die Gelegenheit für den Kauf der Burg, übernahm und sanierte die Anlage. Übrigens ist die Stadt (Rothenfels und Bergrothenfels) heute mit gerade 1001 Einwohnern die kleinste Stadt Bayerns. Dafür weist der katholisch geprägte Ort mit der Burgkapelle 3 Kirchenräume auf!

Blick über die Burg in Richtung Bergrothenfels, rechts der Mitte der Turm von St. Josef

Gemeindegeschichte

Die Bewohner des Ortes Burgrothenfels gehörten zur Pfarrei Maria Himmelfahrt in der Stadt, unten im Tal. Doch aufgrund es Höhenunterschieds war der Weg sicherlich oft zu beschwerlich oder einfach zu langwierig. Daher stellte der damalige Burgherr Alois von Löwenstein, 1910, einen ehemaligen Repräsentationsraum auf der Burg als Dorfkirche zur Verfügung, dort ist bis heute die später durch Schwarz und Guardini umgebaute Kapelle. Bereits zuvor gab es in der Burg eine Kapelle u.a. im heutigen Laurentiussaal im Ostflügel. Mit der intensiven Nutzung der Burg Rothenfels als Tagungsort nach der Rückgabe an den Quickborn, 1950, war es für die Gläubigen vor Ort zunehmend schwieriger regelmäßig und zuverlässig als Gemeinde in der Kapelle zu feiern. Somit entstand weniger als 300m vom ersten Kirchort eine eigene Dorfkirche. Heute sind die Sakralräume Teil der Pfarreiengemeinschaft St. Laurentius am Spessart mit 10 Gottesdienstorten.

Der heutige Vorplatz, bis 2002 stand dort noch die Scheune

Baugeschichte der Kirche in Bergrothenfels

Der damals zuständige Geistliche, Pfarrer Karl Mehling, engagierte sich für einen Neubau. 1954 wurde ein Kirchbauverein gegründet. Nun wurde ein Bauplatz, auf dem eine Scheune stand geschenkt. Zudem stifteten die Anwohner weitere Grundstücke für die Gemeinde. Bereits im Sommer des gleichen Jahres erteilte das Bischöfliche Ordinariat in Würzburg die Genehmigung des vorgelegten Plans. Dieser stammte vom Architekturbüro Goldhammer und Schmitt aus Aschaffenburg, das darüber hinaus in den 1950er-Jahren mehrere Kirchen in der Region geplant hatte. Ihnen oblag ebenso die Oberbauleitung. Die Genehmigung erteilt der Bischof dann 1958. Die Gründe für weitere vier Jahre warten sind mir nicht bekannt. Möglicherweise war die wirtschaftliche Lage noch nicht sehr stabil.

1959 war nun Baubeginn. Eine Baufirma aus Esselbach, wenige Orte weiter, führte den Bau aus. Dies geschah jedoch nicht ohne reichlichen Einsatz durch die Bergrothenfelser. Sie schlugen übrigens den roten Sandstein, das Hauptmaterial, in den Brüchen der Umgebung. Außerdem spendeten die Gemeindemitglieder fleißig und leisteten bei vielen Tätigkeiten ehrenamtliche Arbeit. Weihbischof Karl Kempf aus Würzburg weihte die Kirche schließlich am 29. Oktober 1960.

Die Kirche von Süden, Luftaufnahme, rechts im Bild der Bergfried der Burg
Q: https://pfarreiengemeinschaft-st-laurentius.de/gemeinden/bergrothenfels (Zugriff: 22.10.23)

Die errichtete Kirche von Bergrothenfels

St. Joseph der Arbeiter – Aussenbau

Südlich des oberen Teils der Bergrothenfelser Straße kurz vor dem Burgtor liegt das abfallende Grundstück. An der Straße steht ein schlanker Glockenturm mit Uhren in alle vier Richtungen. An den roten Bau mit flachem Satteldach schließt heute ein überdachter Weg zur Kirche an. Links davon, an der Nordseite ist seit 2002 ein Vorplatz mit dem umgesetzten Kriegergedächtnis für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, ebenfalls in rotem Sandstein. Dort vor der Kirche stand bis dahin die Scheune.

Im Westen des Baus finden sich zwei Übereckgestellte Portale in einem Windfanganbau. Auffallend sind die Email-Arbeiten in den Griffen. Die Überdachung führt übrigens vorbei an der Doppeltür in der Westseite unter einen Anbau, vermutlich die neue Sakristei von 1991. Dann geht der Weg weiter zum unteren Straßenteil, die eine Vollbiegung macht, vorbei an einem Einfamilienhaus, vielleicht das Pfarrhaus. aufgrund der Hanglage sind im Untergeschoß der Kirche weitere Räume entstanden.

Der Kirchsaal wird von Süden durch 15 Fensterschlitze beleuchtet. Im Norden hingegen finden sich nur Fensterbänder über dem Eingangsbau. Vor mehr als 40 Jahren wurde das Ziegeldach durch eines aus Kupfer ersetzt und die Standfestigkeit des Baus erhöht. Die geostete Kirche hat auf dem Chorgiebel ein weißes Kreuz.

St. Joseph der Arbeiter – Innenraum und Ausstattung

Unter der Empore

Beim Betreten der Kirche kommt nördlich unter der Orgelbühne in den einschiffigen Kirchensaal. Diese reicht über die gesamte Breite. Unter der Empore sind Treppen ins Untergeschoß sowie zur Orgel, Beichtstühle und der Zugang zur Sakristei hinter einer teilweise durchscheinenden Holzlamellenwand organisiert. Der Raum geht bis ins Dach, die sichtbaren Flächen sind mit rauem schräglaufendem Holz verkleidet und in Richtung Altar regelmäßig aufgefächert.

Blick zum Altar

An der Altarwand ist über die ganze Höhe eine Putzmalerei von Helmut Albert und Willibald Blum, ebenfalls Aschaffenburg. Sie zeigt Christus als guten Hirten. Zu seinen Füßen sind die 12 Apostel in einem extra Bildband dargestellt. Ebenso unterbrechen eucharistischen Symbole (Brotlaib, Fisch und stilisierte Weinrebe) das Bild an der Stelle, wo der Tabernakel eingelassen wurde. Dieser ist ein goldener trapezförmiger Schrein mit 12 Bergkristallen in Dreiecksform an den Türen umgeben von 19 unregelmäßig langen Strahlen, die in Rundscheiben enden. Während die 12 sich ebenso auf die Apostel oder Stämme Israels beziehen, ist es mir bei den 19 Strahlen unklar. Sind dies vielleicht 19 Engel? Beeindruckend ist das Nebeneinander von Bild und Tabernakel ohne, dass es die Einheitlichkeit stört.

Erwähnt werden soll noch die in der Mitte stumpf oder spitz in Dreiecksform gestaltete Altaranlage, übrigens sind in dieser Form auch die beiden Bankblöcke angeordnet, ebenso die Dachpaneele. Dies könnte ein Circumstance, d.h. die Umstellung des Altars, andeuten und somit die liturgische Neuordnung, in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) vorweg nehmen. Die Kommunionbänke sind erhalten, der Altar könnte aus dem Hochaltar entstanden sein.

Die Südseite

Herausragend sind die Bodentiefen sowie schrägstehenden Fensteröffnungen in der Südwand. Rote Sandsteinstelen bilden raumhoch die Fensterrahmung. In flachen Reliefs hat jede Stele eine Kreuzwegstation. Ebenso wie die Skulptur der Maria mit Kind stammt diese Arbeit vom Aschaffenburger Bildhauer Hermann Kröckel. Er schuf auch das große Josefrelief vor dem Eingang. Welches andererseits lange das einzige Bildnis des Patrons an bzw. in der Kirche gewesen zu sein schein. Bis eine im barockem Stil gehaltene Joseffigur Einzug hielt. Auf den ersten Blick die einzige Unterbrechung der Einheitlichkeit.

Würdigung

Genau diese ansonsten erhaltene Einheitlichkeit ist es, die mich begeistert. Zudem erscheint die Raumidee der späten 1950er Jahre, also der frischen Nachkriegsmoderne ungebrochen zu wirken und vor allem sehr gut zu funktionieren. Die gesamte Raumorganisation ist überdies auf Klarheit ausgelegt, wie die Verdeckten der Nutzungen im Westteil oder die Reduktion auf eine Bildfläche an der Chorwand mit mehreren Funktionen. Ein so schlichter klarer Raum, der mit wenigen hervorragenden Kunstwerken auskommt und bis heute erhalten ist, spricht für sich. Mich zog die Kirche gleich hinein, in sein indirekt belichtetes Inneres. Zudem frage ich mich, ob der Raum von St. Josef dem Arbeiter in Bergrothenfels, die Entwicklung des modernen Kircheninnenraumes aufnimmt. Welche wiederum einen entscheidenden Impuls durch die Kapellengestaltung auf der Burg erhielt.

Ruhiger Raum – Blick zur Empore mit der Abtrennung aus Holzlamellen
ALLE FOTOS (wenn nicht anders bezeichnet): K. Manthey 2023

Links

Seite der Kirche auf der Präsenz der Pfarrei

Die Kirche auf den Seiten der Stadt:

https://www.rothenfels.de/die-stadt-rothenfels/historisches/kirche/

Internetangebot der Burg Rothenfels

https://www.burg-rothenfels.de/auf-der-burg/geschichte/

Auf kirchenbauforschnung.info:

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