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Tägliche Kirche, Nr. 97, St. Marien Friedenskönigin, Cottbus

Cottbus gehörte so wie weite Teile der Lausitz katholischerseits auch nach der Gründung des Bistums Berlin (1930) weiterhin zum Erzbistum Breslau. Obwohl auch dort die Katholiken die Glaubensminderheit waren, kam mit dem Wachsen der Stadt auch der Bedarf an neuem Kirchenraum. Die erste Kirche war ein einfacher Saalbau, vermutlich nach den Gestaltungsvorgaben der preußischen Baubehörden. Hingegen wurde mit dem zweiten Projekt, St. Marien Friedenskönigin, dort architektonisch zeitgemäß ein repräsentativer Bau errichtet.

Die Kirche im Bau, 1934, Q: PfAR St. Maria Friedenskönigin

Kurze Vorgeschichte

Zuvor hatte sich ein Sammelverein gegründet somit konnte 1930 der Baugrund erworben werden. Zuvor stand dort das Gasthaus „Zum Tiegel“. Während der Erbauungszeit wechselte das politische System. Dennoch konnten viele Moderne Baulösungen verwandt werden. Daher entstand eine Kirche mit Eisenskelettkonstruktion, durch die ortsansässige Baufirma Hermann Papel & Co. Die Bauleitung Vorort hatte der Architekt selbst inne. Die Kirchenweihe fand durch Adolf Kardinal Bertram aus Breslau im Oktober 1934 statt. Schließlich wurden die Bauarbeiten an Pfarrhaus und Kirchen 1935 abgeschlossen.

Seitenansicht, Foto: K. Manthey, 2014

Der Außenbau

Entstanden war eine basilikale Kirche mit roten Backstein als Fassade. Hierbei beeindruckend ist vor allem die Doppelturmfassade, deren Mittelteil sehr hoch verläuft und sich in einer verbindenden Galerie auflöst. Dabei nehmen die flankierenden Turmhelme das Motiv der expressiven Arkade auf. Beispielsweise findet man die Proportionen in den Schallöffnungen. Welche jedoch nicht mittig angeordnet sind. Eine hohe Blendnische war bereits zur Bauzeit für eine Kupferarbeit angedacht. Doch erst seit 1963 befindet sich dort eine Plastik von Brückner-Fullroth. Sie zeigt Christus den Auferstandenen. Der Rest der Kirche ist, sicherlich aus Kostengründen, sparsam ausgeführt. Der Chor hat eine  polygonalen Abschluss und weist gen Norden.

Der bauzeitliche Innenraum mit der Marienfigur von Hertelt, Q: PfAR St. Maria Friedenskönigin

Innenraum

Im Innenraum gestaltete der Cottbuser Holzbildhauer Felix Hertelt die Altäre. Dabei passt sich diese Gestaltung nicht in die Qualität der Fassade ein. Nach Kriegsschäden stellte man den Kirchenraum zuerst wieder her. In der Folge des 2. Vatikanums und zur Schaffung von mehr Gemeinderäumen wurde zwischen 1976 und 82 der Kirchenraum neu eingeteilt.

Entwurfszeichnung für die neue Raumgestaltung, damit wurde für die Idee geworben, um 1975, Q: PfAR St. Maria Friedenskönigin
Die Kirche im Umbau, 1970er, Q: PfAR St. Maria Friedenskönigin

Dabei trennte man den Chor ab. Ebenso der Bereich unter der Empore. Somit entstanden Räume für die Gruppenarbeit (denn in der DDR fand alles kirchliche Leben in der Gemeinde selbst statt). Neben vielen Arbeitsstunden der Gemeindemitglieder gestaltete der Bildhauer Friedrich Press (1904-90) und der Architekt Wolfram Starke (geb. 1932) den Kirchenraum grundlegend neu.

Der fertige Umbau, Aufnahmen um 1980, Q: PfAR St. Maria Friedenskönigin

Der Raum wurde übrigens gedreht. Der Altarbereich war nun an der ehemaligen Langseite. Die Decke wurde durch Holzvertäfelung anders geführt. Um den Altar herum gruppierten sich die Bänke. Der Tabernakel erhielt eine Sternform, der Holzaltar erinnerte an die Wurzel Jesse und ein Band aus Dornen, grob aus Holz gehauen, bildet als Gesims den Rahmen. Die Kirche betritt man seitdem nicht mehr direkt sondern eine große Skulpturenwand  muss vorher umgangen werden. Kurzum ein spannendes Raumkonzept.

Blick vom Kreuz zum Tabernakel, Foto: K. Manthey, 2014

Auch wenn in der Folgezeit Veränderungen die Wirkung teilweise schmälern ist der Eindruck von der Fassung Press´ noch nachvollziehbar. Einem Künstler, der nach dem Schrecken des Krieges keine naturalistischen Bildwerke mehr schaffen wollte um Gott zu loben. 2015 kam es zu einer Überarbeitung im ehemaligen Chor durch den Architekten Thomas Woskowski. Dort gibt es nun ein Josefskapelle mit einem neuen Scheitelfenster von Helge Warme und der beeindruckenden Höhe von 11 m bei gut 50 qm Grundfläche.

Blick vom Altarraum, Foto: K. Manthey, 2014

Würdigung

Die Kirche St. Marien Friedenskönigin in Cottbus ist ferner Symbol zweier Modernen, der architektonischen zwischen den Weltkriegen. Denn besonders die Gliederung der Turmfront rezipiert die aktuelle Architekturauffassung der Erbauungsjahre. Darüber hinaus geschieht durch die Neugestaltung von Press unter den widrigsten Umständen, genannt seien hier beispielsweise die Materialknappheit und mangelnden Fachfirmen bzw. der Zugriff auf diese als Kirche, eine herausragende Raumkonzeption in den Idealen der neuen Liturgie.

Weiterführungen

Die Reihe: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/

Die Seite der Gemeinde https://www.kath-cottbus.de/kirchen/propsteikirche-st-maria-friedenskoenigin.html

Eine Tochterkirche: https://kirchenbauforschung.info/2020/06/09/taegliche-kirche-nr-80-st-bonifatius-calau/

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