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St. Pius X., Ludwigsfelde

Heute feiert die Kirche St. Pius X. der Gemeinde in Ludwigsfelde den 50. Weihetag mit einem Pontifikalamt. Dort entstand, übrigens, mit Eigenleistung und Improvisationsgeschick, ein Bau, der in vielerlei Hinsicht die Situation der Kirchen in der DDR aufzeigt. Dessen Geschichte umso mehr erzählt werden muss, da Sie von den Gewohnheiten, die unsere Wahrnehmung heute bestimmen, abweicht.

Gemeindegeschichte

Mit der Errichtung der Daimler-Benz-Werke Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung des aus verschiedenen Kolonistendörfern entstandenen Ludwigsfelde sprunghaft an. Lebten um 1933 nur 229 Menschen dort waren es schließlich im Jahr 1939 bereits 3640. Sorgenvoll berichtete der zuständige Pfarrer Hillebrand aus Luckenwalde darüber hinaus, dass der Gottesdienst seit 1936 regelmäßig auf einem Dachboden gehalten werde. Zwar fasse der Raum eigentlich nur 20 Menschen, doch häufig seien es bis zu 60 Messbesucher. Überdies sei anhand der bis Ende 1937 fertiggestellten 400 neuen Einfamilienhäuser ein Anstieg von Gläubigen zu erwarten.

Lagekarte mit möglichen Standorten eines Neubaus, 1938, Q: Archiv des Bonifatiuswerks (ABW), Mappe Ludwigsfelde

Ferner war der Dachboden keineswegs geeignet. Weder gab es eine „Verkehrssicherheit“, noch war der Raum würdig hergerichtet oder thermisch isoliert. Da es schwer sei, ein freies Baugrundstück zu erhalten, erwäge die Gemeinde den Kauf eines Einfamilienhauses. „Denn mit dem Zuzug gutbezahlter Katholiken wird auch die Steuerkraft der neu entstehenden Gemeinde wachsen“ (Brief Pfr. Hillebrand an den Bonifatiusverein, 29.10.1937). Im Januar 1938 ergab sich dann aber durch Daimler-Benz die Möglichkeit, ein größeres Grundstück in der Werkssiedlung zu erwerben, wie der seelsorgerisch zuständige Kuratus von Trebbin, Josef Landmann, in einem weiteren Schreiben mitteilte. Voraussetzung sei ein zügiger Baubeginn, damit keine Baulücke übrigbliebe. Zu diesem Bau kam es kriegsbedingt jedoch nicht mehr.

Die Kirche im Gemeindehaus, Aufnahme vor 2000, Mittlerweile ist übrigens der Eingangsbereich erweitert worden; Q: Bildarchiv EBO

Geschichte der Kirche und Baubeschreibung

Zunächst nutzte die Gemeinde von 1939 bis 1971 die neuerrichtete Friedhofskapelle. Trotzdem gab es noch in den fünfziger Jahren Pläne für einen Kirchenneubau an der ursprünglichen Stelle. 1960 tauschte man schließlich ein Grundstück unweit des Friedhofs. 1966 wurde mit dem Bau eines Gemeindehauses mit Kapelle begonnen. Eine für die DDR-Zeit typische Umgehungslösung. Mit viel Geschick gelang es dem ab 1968 für Ludwigsfelde zuständigen Pfarrer Arno Grunwald (1936-2014), die Kapelle großzügig zu erweitern. Statt eines Kapellenzimmers im Gemeindehaus entstand ein fast eigenständiger Anbau in Zimmerhöhe mit ansteigender Decke über dem Altar. Als Alfred Bengsch am November 1971 die Kirche benedizierte, war ein großer Raum mit drei auf die Altarinsel hin ausgerichteten Bankblöcken entstanden.

Der Innenraum der Kirche, Aufnahme vor 2000, Q: Bildarchiv EBO

Ausstattung und Innenraum

Die Pläne dafür stammten vom Architekten Lothar Feitel. Die schlichte, aber wertige Innenausstattung lieferte der Biesenthaler Künstler Friedrich Schötschel (Jahrgang 1926). Seine
filigranen Arbeiten fügen sich gut in den flachen Kirchenraum ein. So zum Beispiel der Tabernakel der an einer Stele aus Zement befestigt ist. Der Schrein wurde dreiseitig aus getriebenen und rot emaillierten Kupfer hergestellt. Dabei wird das Motiv des brennenden Dornbuschs zum Thema gemacht. Der unscheinbaren Kapellenanbau erhielt im Jahr 2000 einen auffällig gestalteten Eingangsbereich. St. Pius X. in Ludwigsfelde ist ein typisches Beispiel für
die kreative Ausdehnung des staatlicherseits genehmigten Bauumfangs durch die Kirchengemeinden.

Der Altarraum, Q: Einladung zum 50jährigen Kirchweihfest, unter: https://www.kath-kirche-blankenfelde.de/addinfo/PlakatKirchweihfestLu.pdf

Würdigung

Seit dem Ruhestand von Pfarrer Grunwald wird Ludwigsfelde seelsorgerisch von Blankenfelde (St. Nikolaus) mit betreut. Trotzdem findet sich nach wie vor Gemeinde in der St.-Pius-Kirche zum Gottesdienst zusammen. Ein beeindruckender Raum, der einfach und klar mit ausgewählter Ausstattung ein Bild von den Katholiken in der Diaspora Ostdeutschlands aufzeigt. Für mich war diese Kirche stets ein Ort der Andacht und des konzentrierten Gebets. Möge dies der Gemeinde und Kirche St. Pius X. noch lange gegeben sein!

Muttergottes mit Kind, Kopie nach gotischer Figur im Diözesanmusum Paderborn, Q: Bildarchiv EBO

Weiterführende Links

Kurze Pressemeldung zum Jubiläum

https://www.erzbistumberlin.de/wir-sind/veranstaltungskalender/event/event-title/50-jahre-kirchweih-st-pius-ludwigsfelde-6337/

Internetseite der Kirchengemeinde

http://www.kath-kirche-blankenfelde.de/index.php?p=PLU&pic=1

Seite der Ludwigsfelder Geschichtsverein, zur Geschichte der Evangelischen Kirche u.a. auch etwas zum Friedhof
Die Christuskirche in Rostock, wurde ebenfalls von Friedirch Schötschel ausgestattet.
Ebenso finden sich Stücke des Künstlers in der neubarocken Kirche in Biesenthal

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