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St. Johannes am Jordan – Stolberg (Harz)

St. Johannes am Jordan in der Stadt Stolberg ist eine 1962 konsekrierte Kapelle. Dort südlich vom Harz kamen in der Folge des Zweiten Weltkriegs Katholiken aus Schlesien und dem Sudetenland zusammen. Mit Ihnen war Pfarrer Johannes Jordan, anstelle eines baufälligen Hauses konnte er Ende der 1950er Jahre ein Haus errichten. Es war zunächst offiziell ein (Pfarr-)Haus, dass der Geistliche gemeinsam mit seiner Schwester bewohnte. Dabei wurde im Untergeschoß eine Kapelle eingerichtet. Gegenüber den Behörden war es hingegen ein Wäschekeller.

Hinweis zur Kapelle

Außerdem bemühte sich der Geistliche um die Erlaubnis offiziell eine Kapelle einzurichten. Da er als Verfolgter des Naziregimes galt und somit Privilegien hatte und im antifaschistischen Staat Gehör hatte, konnte der Sakralraum schließlich auch öffentlich werden. Nun gab es also eine Kapellengemeinde. Die auf das Patronat St. Johannes am Jordan geweiht wurde – kein zufälliger Bezug zum Namen des Pfarrers. Damals gehörte die Gemeinde zum Bistum Erfurt, zum Pfarrei in Nordhausen.

Stolberg St. Johannes vom Karstwanderweg aus, Foto: Kirchenfan, CC0, via Wikimedia Commons Q: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/60/Stolberg_Johannes.jpg (20.02.2025)

Als Pfarrer Jordan 1972 vor Ort verstarb, folgte eine Seelsorgehelferin für die Gemeinde. 1988 zog eine Familie in das Pfarrhaus mit Kapelle. Aufgrund von Gebietsanpassungen kam die Gemeinde in den 1990er-Jahren zum Bistum Magdeburg. Heute ist Stolberg ein Gottesdienstort in der Pfarrei St. Jutta, Sangerhausen. Nun gibt es nur noch einmal monatlich an einem Freitag regelmäßige Eucharistiefeiern.

Blick in die Kapelle

St. Johannes am Jordan – Ausstattung und Gestaltung der Kapelle

Der Künstler: Bernhard Langer

Für die künstlerische Ausstattung gewann der Bauherr Pfarrer Jordan den in Stolberg lebenden Künstler Bernhard Langer (1920-2014). Er wurde in Berlin-Weissensee geboren, dort begann er mit dem Kunststudium nachdem er den Beruf Maler gelernt hatte. Mit 20 Jahren wurde er zu Wehrmacht eingezogen. Nach schwerer Kriegsverletzung konnte er nicht mehr mit dem rechten Arm arbeiten. Zudem galt er als kriegsuntauglich. Nun sattelte er auf den Linken Arm um und durfte an der Kunstakademie in Prag zu Ende studieren. Als Flüchtling kam er nach Stolberg und war aktiver Künstler in der DDR. Bis 2011 lebte er in der Stadt und hinterließ dort seine Spuren, besonders in den Kirchen. In der katholischen Kapelle sind die meisten Arbeiten von ihm. Er gehörte wohl ebenso zur Gemeinde. Über 7000 Werke sind nun im Bernburger Museum.

Das letzte Wohnhaus von Bernhard Langer, unweit der Kapelle

Kunstwerke in der Kapelle St. Johannes

Der Altarraum von St. Johannes am Jordan

In und an der Kapelle St. Johannes am Jordan stammen nahezu alle Kunstwerke in verschiedenen Medien und Werkstoffen von Lokalkünstler Langer. Die Altarwand zeigt ein markantes matt-goldenes Kreuz mit stilisierter Dornenkrone und den fünf Wundmalen aus Halbedelsteinen. Gerahmt wird das Kreuz durch zwei in den Putz gearbeitete Hirsche. Damit wird auf Psalm 42, Vers 2 und 3, Bezug genommen.

Das Bild an der Altarwand. Inwieweit es vielleicht in eine ehemalige Hochaltaranlage eingebunden war, ist mir nicht bekannt.

Dort steht:

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, nach dir, Gott. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?

Johannes-Sgrafitto, mit der Taufe wird das Wirken Jesu öffentlich und Johannes der Wegbereiter tritt sozusagen zurück.

An der Seitenwand findet sich ein großes Sgrafitto mit Johannes dem Täufer, der am Jordan Jesus taufte. Ebenso sind dort die Kreuzwegbilder angebracht. Dies sind kleine, fast intime Porträts der Hauptpersonen der Passionsszenen. Darüber hinaus sind die Fenster von Bernhard Langer entworfen. Diese haben sechs Sakramente zum Thema, der siebte wird im Altarraum erkennbar, als dem Ort der Eucharistie. Vermutlich stammt der schlichte Tabernakel ebenfalls von Langer. In einem Nebenraum hängt zudem eine Malerei der Gottesmutter mit Kind, in Pastelltönen gehalten.

Kreuzwegstationen, Fenster mit der Darstellung der Firmung und Maria mit Kind

Außerdem wurde ich netterweise auf die Gottesmutter im Kirchenraum aufmerksam gemacht. Es ist eine Arbeit der Münchener Künstlerin Ruth Schaumann (1899-1975). Von Ihr stammen viele Stücke der St.-Konrad-Kirche in Berlin-Falkenberg. Heute erinnert man die Künstlerin vor allem aufgrund ihres schriftstellerischen Werks.

Madonna im Altarraum von Ruth Schaumann

Woher der Altar, das Lesepult und die Möbel stammen ist mir nicht bekannt.

Würdigung

Das Bild an der Giebelwand zeigt den Sonnengesang des Franziskus, ebenfalls von Bernhard Langer, signiert 1959

Mich beeindrucken die vielen unerwarteten Entdeckungen, die ich oft eher zufällig mache. Die Qualität der Ausstattung von Bernhard Langer, einer Moderne, die in der DDR untypisch war, gefiel mir besonders. Ebenso die fast unsichtbare Geschichte der Katholiken nach der Flucht und Vertreibung in die/ der DDR. In der kleinen Stadt Stolberg, deren bekanntester Sohn der Reformator und Bauernhauptmann Thomas Müntzer ist, gab es diese. Oft sind die Gemeinde klein oder eingegangen doch Jahrzehnte lang, waren es Glaubensgemeinschaften, die den Glauben in unwirtlicher Umgebung lebten. All das verbunden mit den beeindruckenden Arbeiten von Langer ist eine Art Geheimtipp.

Ausblick aus der Kapelle, alle Bilder (wenn nicht anders beschriftet), K. Manthey 2025

Weiterführende Links

Über die Kapelle auf den Seiten der Stadt

Webpräsenz der Pfarrei
https://www.kath-kirche-sangerhausen.de

Informationen und Werke zu und von Bernhard Langer im Museum Bernburg:
https://st.museum-digital.de/objects?persinst_id=9694&section=results_list&mode=grid&startwert=144#infoBoxthesInfoOverview

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