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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 5. Dezember 2021
- Category: Kalender, Kirchenporträts
fünf21: Evangelisches Gemeindezentrum am Fennpfuhl, Berlin-Lichtenberg, Teil 2
Heute schauen wir erneut nach Fennpfuhl nachdem es in Teil 1 um die Geschichte des Ortsteils und die frühen Pläne zur Bildung einer Kirchengemeinde in der Großwohnsiedlung ging. Geht es heute folglich um die Konkretisierung der Pläne, die Geschichte des Bauvorhabens und den Bau selbst.
Aufbau der Kirchgemeinde am Fennpfuhl
Anfang 1974 begann eine Gemeindehelferin den Dienst. Im Herbst folgt die Einführung von Pfarrer Otto Freyer. Das Wohngebiet war allerdings noch eine Riesenbaustelle. Jedoch gab es bereits erste Dienstleistungseinrichtungen. Zusammen mit Ehrenamtlichen leistete die Gemeinde viel aufsuchende Arbeit. Man klingelte an die Aufgängen und erkundigte sich bei den Leuten. Darauf basierte für viele Jahre die Gemeindekartei. Da die offiziellen Listen der Kirchensteuerstelle sehr ungenau waren. Zudem ist man bemüht eine eigene Gemeinde zu gründen, da die Größe des Gebietes es rechtfertig. Wenn gleich man die zunächst an der Muttergemeinde vorbei versucht. Nichtsdestoweniger bespricht man bereits Ende 1974 in der kommissarischen Gemeindeleitung Fennpfuhl Kirchenbaufragen. Einerseits erwog die Kirchenleitung einen Kirchenneubau, andererseits war der Umbau der Alten Pfarrkirche im Gespräch. Dementgegen stand der Lichtenberger Pfarrer.
Schließlich kam die Idee für den Umbau einer Baracke in Kirchenbesitz auf. Seit Oktober 1975 galt man als übergangsweise selbständige Gemeinde, die jedoch räumlich noch ganz an die Mutter gebunden blieb. Im Folgejahr wächst die Zahl der Hauptamtlichen auf vier (2 Pfarrer, Gemeindehelferin, Diakon). Darüber hinaus war die Suche nach einem Namen dringend. Vielen benannten das Wohngebiet bereits nach den großen Straßen, umgebenen Straßen, der Leninallee und der Ho-Chi-Minh-Straße. Diese wollte jedoch man nicht als „Heilige“ für die Gemeinde haben. Schließlich blieb man bei einem Ortsnamen und benennt sich, übrigens eigentlich als Übergang gedacht, Evangelischen Kirchengemeinde am Fennpfuhl“.
Räume und Angebote
Zwar waren eigene Gebäude geplant, doch in Sicht waren diese noch lange nicht. Weiterhin nutzte man die Lichtenberger Kirche auf dem Anger, ein Raum im dortigen Pfarrhaus sowie die halbwegs hergerichtete Baracke auf dem Pfarrgrundstück als Gemeindehaus. Dabei entwickelte sich die Neubaugemeinde in ihre eigene Richtung. Gottesdienste bereiteten die Gläubigen gemeinsam vor. Die Pfarrer trugen keine Talare, da sie Teil der Feiergemeinschaft waren, die den Gottesdienst vorbereitet hatte. Unter dem Strich eine sehr basisorientierte Gemeinde. Ein weiteres Beispiel der Offenheit, war die offenen Jugendtreffs. Dort konnte jeder kommen, es gab auch keine extra Konfirmandengruppe. Wer auf diese Art zur Gemeinde gehören wollte, meldete sich und wurde konfirmiert. Kurzum: eine lebendige Gemeinde ohne eigenen Ort. 1980 erhielt die Gemeinde ihre volle Selbstständigkeit.
Vom Bau des Gemeindezentrums am Fennpfuhl
Bischof Albrecht Schönherr erinnerte sich an die Vorgeschichte des Bauvorhabens. Dabei bezog er sich auf ein Gespräch mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser. Dieser bekundete, dass nun auch in „Neustädten“ Kirchen gebaut werden könnten. Dies sollten jedoch keine „Klubhäuser“ sein. Ob dies die deutliche Erkennbarkeit der Sakralbaus meinte oder eine Mahnung zu rein religiösem Angebot gewesen sei vermochte der Bischof nicht einzuordnen. Für ihn war klar, die DDR wollte völkerrechtliche Anerkennung und hatte „Devisenhunger“. Somit waren ab 1976 zehn Kirchen bzw. Gemeindezentren geplant. Schließlich wurden es mehr.
Trotzdem gestaltete sich das Finden eines Baugrundstückes als schwierig. Zwar oblag die Zustimmung dazu allein den staatlichen Stellen. Doch aufgrund der nachträglichen Verdichtung im Baugebiet waren kaum noch Flächen zur Verfügung. Darüber hinaus bedeutet erkennbare Kirchengebäude nicht unbedingt weit sichtbar. Zwei sehr unpassende Angebot lehnte das Konsistorium ab. Schließlich erhielt man den Bauplatz im Wohngebiet am Randes des Parks. Übrigens ging das Grundstück erst zu Einweihung des Baus in den Besitz der Gemeinde über.
Finanzierung
Finanziert wurde der Bau überdies über das LIMEX-Programm. D.h. Westmark wurde durch die evangelische Kirche in der BRD für den Kurs 1:1 in DDR-Mark umgemünzt und somit die Baukosten gezahlt. Geplant werden konnte der Bau hingegen vom Bauamt der evangelischen Kirche. Wohingegen die beauftragten Baufirmen durch den Staat organisiert wurden. Somit war der Bauablauf nicht unter der Kontrolle der Gemeinde. Ein Vorteil der Finanzierungsweise war der vorrangige Zugriff auf Baumaterialien, wie z.B. Kuper für die Dackeindeckung. Die Gemeinde kümmerte sich indes um die Innenraumgestaltung – das gesamte Bauvorhaben, hätte sie ferne allein nicht finanzieren können. Bauherr ist also das Konsistorium die zuständigen Architekten treffen sich jedoch mit dem Bauausschuss der Gemeinde.
Ferner kommt es zu einem grundlegenden Problem, für die Bauaufgabe Kirchenbau fehlt schlichtweg die Erfahrung. So darf der entwerfende Architekt Horst Göbel Kirchen in Skandinavien und der BRD besuchen. Ebenso schauen sich Gemeindeglieder in DDR weit um. Da der Architekt wenig mit dem Gemeindeleben vertraut ist, bemühte man sich ihm die Bedarfe nahe zu bringen. Außerdem ist auch bei diesem Projekt das Geld endlich. 1,1 Mio. DM sind für das Vorhaben eingeplant. Schließlich gelangte man zu einer Einigung. Im April 1984 wurde der Grundstein gelegt.
Bauzeit
Während der Bauphase wurden noch einige Dinge abgestimmt. Zum Beispiel gab es Diskussionen um das Kreuz auf dem Dach. Die Gemeinde wollte übrigens zuerst keines, da der Bau eh genügend auffalle – ob hier auch politische Erwägungen mitschwangen bleibt unklar. Ebenso rechnete der Architekt mit einer Skulptur vor dem Gemeindezentrum und einem später zu errichtenden Glockenturm. Jedoch entschied die Gemeinde schließlich anders, u.a. da die Kirche nicht das höchste Gebäude am Platze sei.
Hingegen soll der Bau behindertenfreundlich sein. Das Zentrum müsse über variable Räume verfügen. Die Gemeinderäum hatte die Höhe typischer Plattenbauwohnungen demzufolge war es Architekt Göbel umso wichtiger, dass der Feierraum eine Höhe aufwies, die befreiend wirken sollte. Darüber hinaus diskutierte man lange über die Ausführung der Fenster des Gottesdienstsaals. Die Gemeinde wünscht durchsichtiges Glas, dem Konsistorium ist dies zu unsakral. Weiterhin diskutierte die Gemeindeleitung über eine Orgel (heute ein Instrument der Firma Jehmlich) sowie die gesamte Innenausstattung. Bereits 1982 bestellte die Gemeinde bei Andreas Freyer in Halle Abendmahlsgeräte. Seine Frau Isabel, Töpferin, liefert weitere Ausstattung. Übrigens ist es dem Ehepaar Freyer zu verdanken, dass die Gemeinde zu einer Innengestaltung von Friedrich Press kam. Dazu später gibt es in einem späteren Teil mehr zu erfahren.
Über den entstandenen Bau
Im Juni 1984 übergab man den Bau, doch aufgrund der Sommerpause fand die feierliche Einweihung erst im September statt. Entstanden war ein Komplex aus unterschiedlichen Gemeinderäumen. An dessen Nordost Seite entstand ein höherer pyramidaler Feiersaal. Diesem schlichten Raum sind Gruppenräume durch Schiebetüren zuschaltbar. Über ein Foyer sind die meisten Gemeinderäume erreichbar. Ein kleiner Innenhof vermittelt erzeugt einen kontemplativen Eindruck. Als Putzbau schließ im Süden das Pfarrhaus an. Hingegen sind die Gemeindegebäude ziegelsichtig gebaut. Erste Planungen zeigen eine komplexere Dachform für den Feierraum (gefaltete Pyramide) ebenso war dort das Pfarrhaus zweigeschossig.
Zusammenfassung
Das Gemeindezentrum am Fennpfuhl war eines der ersten evangelischen Neubauprojekte in der DDR. Somit musste man im Vorfeld noch Erfahrungen sammeln. Darüber hinaus ist es ein Bau der die egalitären Bestrebungen der Neubaugemeinde am Fennpfuhl widerspiegelt. Alle zeugt von gewisser Gleichheit, bis auf die Pyramide. Dabei rezipiert die Form des Gottesdienstortes die Idee des Zeltes. Ein Leitmotiv im Kirchenbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Denn wir Christen sind nur Wanderer, auch Jesus hat nur unter uns „gezeltet“ und wir bleiben „Gast auf Erden“. Außerdem erscheint das evangelische Gemeindezentrum gerade aufgrund seiner bescheideneren Maße eine auffallende und wohltuende Oase unter all den repräsentativen hohen Plattenbauten zu sein.
Links
Homepage der Kirchengemeinde:
https://www.kirche-lichtenberg.de/seite/403629/unsere-gemeinde.html
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