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St. Otto, Zinnowitz (Usedom)

St. Otto liegt unweit der Ostsee. Seit 1916 betrieben Marienschwestern aus Breslau dort ein Kindererholungsheim. Die hiesige Kirche St. Otto ist heute im Blickpunkt von #täglicheKirche auf kirchenbauforschung.info. Schon 1913 wurde durch die St.-Otto- Stiftung aus Swinemünde der Bau des Haupthauses möglich. Zuerst jedoch konnten hier keine großen Kinderkuren stattfinden. Denn während des Ersten Weltkriegs war es ein Lazarett. Somit kamen nur wenige Erholungsgäste. Infolgedessen bauten die Marienschwestern den Erholungsbetrieb auf. Seit 1996 ist die Anlage in der Trägerschaft des Erzbistums Berlin.

Geschichte nach 1945

Bis zum 2. Weltkrieg wurde fleißig erweitert und ausgebaut. Dann wurde das Gelände durch die Wehrmacht beschlagnahmt. Die Holzbaracken mit Liegeterrassen, zumeist in der Zwischenkriegszeit errichtet, waren nun wieder Lazarett. Schließlich konnte durch 20 Schwestern im Sommer 1947 das Kinderkurheim wieder eröffnet werden. Nach einem Brand 1964, der viele historischen Holzgebäude zerstörte, bauten übrigens freiwillige Helfer aus den ostdeutschen Bistümern (bzw. Kommissariaten oder Administraturen) in Arbeitsdiakonaten oder im „Jahr für Gott“ neue Gebäude. Die Unterkünfte diese Zeit sind bis auf Haus 5 nicht mehr vorhanden. Mittlerweile steht nunmehr die dritte Gebäudegeneration und bietet Gemeinden, Kinder- und Jugendfreizeiten, Familien u.v.m. einen Ort der Erholung sowie Begegnung.

St.-Otto-Ferienstätte, Panorama vom Innenhof, rechts die Kirche in Rückansicht, Foto: K. Manthey, 2019.
Der Eingangsbereich, Foto: K. Manthey 2022

Die Kirche St. Otto

Seit Beginn an gab es eine Kapelle im Haupthaus. Diese ist dem Heiligen Otto geweiht. Bis 2003 gab es auch eine Gemeindekirche in Zinnowitz, diese wurde 1947 errichtet. Zuvor war die Pfarrkirche Herz Jesu in Wolgast der reguläre Gottesdienstort. St. Otto ist nun die Kirche des Zinnowitzer Gemeindeteils der seit Januar 2020 existierenden neue Pfarrei Sankt Otto. In ihr gingen die drei Gemeinden Stella Maris (Usedom), Salvator (Wolgast/Anklam) und St. Joseph (Greifswald) auf.

Pastor-Bonus-Fenster aus der ehem. Herz-Jesu-Kapelle in Zinnowitz (aufgegeben 2003), heute im Speisesaal St.-Otto-Ferienstätte, Foto: K. Manthey, 2019

Innenraum von St. Otto

Betritt man den Raum heute erlebt man einen hellen Raum. Zwar erhält der neubarocke Saal nur von einer Seite Licht, da die Südseite an das Haupthaus der Einrichtung, Haus St. Otto anschließt. Darüber hinaus ist der Chor im Osten und somit erfüllt die Kapelle die althergebrachte Tradition der Ostung. In ihrer Baugeschichte erfuhr sie mindestens vier verschiedene Grundgestaltungen, welche jeweils in Einzelheiten später variiert wurden. Eine Erste Ausmalung ist vom Bild her bekannt. Eine Szene aus dem Leben Jesu ist in der Kalotte des Chores erkennbar (vermutlich ebenfalls Christus als Kinderfreund). Der Bilderzyklus an am Triumphbogen zeigt Mariendarstellungen vermutlich im Zusammenhang mit dem Orden. An der Decke könnte eine Abbildung des Pelikans gewesen sein, dieser opfert sich der Legende nach bis zum eigenen Tod für seine Kinder auf. Übrigens ein programmatische zur Intention des Hauses passendes Bildprogramm. Überdies konnte ich noch keine weiteren Quellen zur bewegten Gesichte des Kirchenraums ausfindig machen bzw. auswerten.

Historische Innenansicht, vermutlich die erste Fassung, Q: Bilderchronik St.-Otto-Heim

2. Raumgestaltung

Spätestens in den 1920/30er Jahren gab es eine Ausmalung mit Engeln am Chorbogen sowie einem Jesusbild in der Apsis. Das Motiv hier war wohl Jesus als Freund der Kinder, sicherlich angelehnt an die biblische Kindersegnung , das „Lasset die Kinder zu mir kommen“ in den synoptischen Evangelien. Aufnahmen aus der Zeit davor zeigen, wie das erste Bild in diesem Beitrag, ein Mittelfenster in der Apsis, welches bei den Innenansichten nicht zur erkennen ist. Dies lässt vermuten, dass es eine Gestaltung mit offenem Mittelfenster der Apsis im Innenraum gab.

St. Otto Zinnowitz, Inneres der Kapelle, 1950er (?), Fotopostkarte, Q: ebay, https://i.ebayimg.com/images/g/FGYAAOSwMgdXzHBl/s-l1600.jpg

Weitere Umgestaltungen

Spätestens in den 1960er Jahren gab es eine Umgestaltung. Erneut wurde Christus der Kinderfreund diesmal als Sgraffitoarbeit in der Chorapsis durch Rudolf Brückner-Fuhlrot umgesetzt. Ein passendes Motiv für ein kirchliches Erholungshaus für Kinder. Diese Arbeit war lange in der Kirche zu sehen. Später wurde die Apsis übermalt, doch das Bild war weiter sichtbar. Generell war der Zustand in den 1990er Jahren „fast verwahrlost“.

St. Otto Zinnowitz, Inneres der Kapelle, Zustand 1990er, Q: Bildarchiv EBO, Slg. Brühe

Bereits angekaufte Ausstattungsstücke für den Altarraum wurden aufgrund des Gewichtes nicht aufgestellt. So kam es nach 1999 zu einer Neukonzeption der Kirche. Dafür wurde ein spätmittelalterliches Passionsretabel in den Altarraum gebracht. Bereits 1996 kamen zwei neue Fenster in den Chor. Eines mit dem Feuer, das andere mit dem Motiv Wasser gestaltet.

Zustand des Altarraumes, vermutlich in der Zeit zw. 1999 und 2006, Q: Bilderchronik St.-Otto-Heim

St. Otto, heute

Ab 2006 wurden auch die darunter liegenden Räume eingebunden. Diese wurden zu einer Kapelle, einer Art Krypta im Souterrain. Hier kam das spätmittelalterliche Passionsretabel zur Aufstellung. 2014 kamen Stühle nach dem Entwurf von Leo Zogmayer hinzu. Diese dienen zum „aufmerksamen Sitzen“ (Q: https://www.kuhl-moebelwerkstatt.de/kirche-zinnowitz/).

Blick in die Kleine Kapelle mit spätgotischen Altarretabel und Zogmayerstühlen
Q: Bildarchiv EBO
https://www.erzbistumberlin.de/fileadmin/user_mount/Bilder/Schlaglicht/Kapelle_Otto-Heim.JPG

In der Hauptkirche wurde nun das barocke Kreuz (um 1700) vor einer roten Wandfläche neu inszeniert. Die Neuordnung und Gestaltung der Ausstattung lag, meines Wissens nach, in den Händen des Stralsunder Architekturbüros Eriksson.

St. Otto Zinnowitz, Inneres der Kapelle, Altarweihe Oktober 2006,
Q: Bildarchiv EBO

Zudem kam nun einen andere Marienfigur zur Aufstellung vor dem Altarraum. Es handelt sich dabei wohl um eine Kopie aus dem 19. Jahrhundert einer mittelalterlichen Madonna. Darüber hinaus verfügt die Kirche über einen Bronzekreuzweg eines regional tätigen Künstlers unserer Zeit. Die Hauptstücke im Altarraum, wie Altartisch, Sedilien, Ambo und weitere sind aus nordischem Holz, zusammengefügt und hell gefasst.

Vorderansicht des Altars mit den 140 Kreuzen, Foto: K. Manthey 2022

Die Vorderseite des Altars ist außerdem mit einem Kreuz bestehend aus 140 Kleinkreuzen verziert. Zusammen mit den Weihekreuzen auf der Mensa, stehen diese für die symbolischen 144 der Bibel (12x12x1000=Gesamtzahl des Volkes Gottes). Das heißt ins heute übertragen viele bilden gemeinsam das eine/ die eine Gemeinde.

St. Otto Zinnowitz, Inneres der Kapelle, Detail Marienaltar, Foto: K. Manthey, 2019

Würdigung

Das St.-Otto-Heim dient auch heute noch der Erholung an der Ostsee. Es ist ein Ort mit vielen Geschichten und einer spannenden Historie. Seit ich dort mit 8 Jahren zum ersten Mal war fühle ich mich verbunden. Das Zentrum war immer die Kirche. Nach ihrer Sanierung ist St. Otto auch wieder der strahlende Mittelpunkt mit einem regen Angebot für Einheimische und Besucher. Leider ist derzeit die Unterkirche geschlossen. Dafür gibt es in der Kirche eine ca. 10minütige Audioführung über die Geschichte des Ortes und den aktuellen Sakralraum St. Otto.

Blick zur Empore, Foto: K. Manthey, 2022

Externe Links

Seite des Ottoheimes: https://www.st-otto-zinnowitz.de/gottesdienste

Bericht über die neue Bestuhlung der kleinen Kapelle https://www.erzbistumberlin.de/medien/schlaglichter/schlaglicht/news-title/der-bischofskirche-ein-stuhlbein-voraus-neue-bestuhlung-der-kleinen-kapelle-im-st-otto-heim/

Tägliche Kirchen als Übersicht (intern)

https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/

(Überarbeitet und mit zahlreichen Bildern ergänzt, am 18.7.2022)

2 comments

  1. Guten Abend,

    erst heute bin ich auf Ihre hochinteressante Seite gestoßen. Eine sehr schöne Lektüre!

    Eine Anmerkung habe ich zu einem der obigen Fotos („St. Otto Zinnowitz, Inneres der Kapelle, Zustand n. 2006, Bild am Tag der Altarweihe (2015?)“.
    Ohne den Hintergrund zu kennen, kann ich dennoch sagen, dass Ihre Vermutung, es handle sich um den Tag der Altarweihe, falsch ist.
    Der Grund ist einfach: Der Tabernakel ist offen und es steht ein Betstuhl vor dem Altar. Der Tabernakel wird nur nach der Gründonnerstagsliturgie geleert und offen gelassen, der Altar wird vollkommen abgeräumt. In der Liturgie der Osternacht wird der Tabernakel wieder befüllt. Entweder handelt es sich hierbei um die Anbetung nach dem Gründonnerstag, oder -eher wahrscheinlich – ist das Foto gemacht worden, bevor die Karfreitagsfeierlichkeiten beginnen. Das ist mit Sicherheit kein Tag der Altarweihe.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Gregor Ploch, Zinnowitz / Greifswald

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