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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 23. Oktober 2022
- Category: Kirchenporträts
Pieve dei Santi Ippolito e Biagio, Castelfiorentino (Toskana, Italien)
Die Pieve dei Santi Ippolito e Biagio liegt in dem beschaulichen Ort Castelfiorentino. Momentan ist mir wieder nach der Toskana und der Region um Florenz. Daher zeige ich heute die wohl älteste Kirche des Ortes. Auf der höchsten Erhebung steht dort eine ursprünglich dem Heiligen Biagio geweihtes Gotteshaus. Vermutlich auf den Mauern eines Vorgängerbaus aus der Zeit nach 800. In Römischer Zeit hieß die Siedlung Timignano. Als die Stadt Florenz ihn von einer Ritterfamilie Mitte des 12.Jahrhunderts abkaufte erhielt es, übrigens, den heutigen Namen, also florentinische Burg bzw. Festung.
Ortsgeschichte von Pieve dei Santi Ippolito e Biagio
Auf dem Hügel nahe zweier sich kreuzender Handelsrouten zum einen der nach Volterra und zum anderen der von Westeuropa über Rom bis hin zu den Häfen ins Heilige Land. Stand eine erste Festung mit einer dem Heiligen Biagio geweihten Kapelle. Sie zählte einst zu einer Pfarrkirche, welche dem heiligen Hippolyt von Rom geweiht war. Daher kam die Zusammenführung beider Patronate mit dem Neubau an dieser Stelle. Ebenso wurde die neue Kirche um 1200 Pfarrkirche. Dies hing sicherlich auch mit der steigenden Wichtigkeit des Ortes zusammen. Mehrfach fanden auf dem Hügel Verhandlungen, welche die politischen Geschicke der Region bestimmten statt. Während Hippolyt von Rom, der als Schüler des Kirchenvaters Irenäus gilt, um 200 herum in Rom wirkte ist Biagio der italienische Name für Blasius. Dem berühmten Nothelfer, Arzt uns Bischof von Sebaste um 300. Sicherlich der bei den Menschen beliebtere Heilige, umwoben von Legenden und Nähe zum Volk.
Was ist eine „pieve“?
Der Begriff Pieve ist, übrigens, ein italienisches Wort, dass wir heute mit Pfarrei übersetzen können. Dabei handelt es sich wohl um einen Kirchenbezirk, der sich in Abgrenzung zu den Kirchenstrukturen in den aufstrebenden Städten im Italien des Mittelalters in den oft ebenso wohlhabenden ländlichen Gebieten drumherum bildeten. Die Pieve, d.h. der Pfarrsprengel von S. Ippolito e Biagio hat noch heute mehr als 16 Kirchen und Kapellen sowie zwei Krankenhäuser. Historisch waren es 14 untergeordnete Kirchen. Übrigens durfte früher nur in der Pieve getauft werden, dort war auch der Friedhof. Also hatte die Hauptkirche besondere Rechte.
Der Bau (außen)
Vielen Kirchen in Italien sind bis heute von außen sehr ursprünglich geblieben. Dort findet man oft Saalkirchen mit einfachen Glockenträger, d.h. hochgemauerte Außenwände mit Aussparungen für die Glocken. S. Ippolito e Biagio weist bis heute eine Glocke aus dem Jahr 1253. Die Kirche auf dem Hügel von Castelfiorentino ist aus Ziegeln gebaut. Sie zählt somit zu den ältesten Bauten mit keramischem Material in der Region. An den einfachen Saalbau schließt sich ein vermutlich barockes Konvent- Gebäude an.
Dort haben wohl in den Jahrhunderten verschiedene Ordensgemeinschaften gewirkt. Heute ist wohl eine charismatische Gemeinschaft vor Ort präsent. Die Baugruppe steht auf einem Plateau. Dort sind Ruinenteile alter Befestigungsanlagen und Gebäude zu erkennen. Darüber hinaus hat man einen wunderbaren Ausblick über die Toskana bis hin nach San Gimignano.
Durch das Rundbogenportal im Westen, über dem die Reste ein Putzgemäldes erkennbar sind, gefasst durch einen Ziegelrundbogen. Wahrscheinlich wird die zentrale Muttergottesabbildung durch die beiden Patrone flankiert. In der Zeit nach 1739 wurde die Kirche barockisiert, 1937 fand der Rückbau hin zur romanischen Form statt. Im 18 Jahrhundert wurden Fenster und die zweite Eingangstür geschlossen.
Innenraum und Ausstattung
Heute betreten wir wieder einen schlichten romanischen Innenraum mit offenem Dachstuhl. Seit dem 14. Jahrhundert war bis ins 19. Eine Bruderschaft der Barmherzigkeit vor Ort. Eine ordensähnliche Gemeinschaft, die sich um die Kranken und Schwachen kümmerte. In dieser Phase wurde die Kirche u.a. mit dem heutigen Altarkreuz und den Fresken der Taufnische ausgestattet. Der Saal ist ein beeindruckender kontemplativer Ort. Lediglich eine dreistufige Treppenanlage trennt den Laienraum vom Chor.
An der Rückwand befindet sich ein Marienaltar, ob dieser aus der barocken Phase stammt, ist nicht belegt. Offenkundig hatte die Pfarrei auch einige kunstvolle Werte in ihrem Besitz. Davon zeugt ein im Kunsthandel nachweisliches Blatt aus einem Antiphonar von einem Florentiner Meister ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert.
Pieve dei Santi Ippolito e Biagio, eine Würdigung
Pieve dei Santi Ippolito e Biagio in Castelfiorentino ist sicherlich eine von vielen Kirchen Italiens. Dabei ist sie mit ihren wenigen Zutaten ein wunderbar erhaltener Ort. Für mich ist Italien ein Vorbild im Umgang mit Kirchen, sie sind einfach da, viele abgeschlossen, einige nicht. Gleichwohl, sie gehören dazu. Die Kirche auf dem Hügel über der toskanischen Ortschaft zeugt von der langen christlichen Tradition der Toskana. Dort soll, übrigens, auch Franziskus auf einer seiner Reisen vorbeigekommen sein. Diese Kirche ist eine Empfehlung, so wie viele unscheinbare in keinen Reiseführer genannten Gotteshäuser – nicht nur in Italien.
Links
Begriffserläuterung „pieve“ bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pieve
Kunsthandel Koller mit dem Blatt des Antiphons von Castelfiorentino
https://www.kollerauktionen.ch/en/132590-0066-1174-MAESTRO-DELLE-EFFIGI-DOMENICAN-1174_70669.html