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04.XXII: Heilig Geist, Berlin-Westend (1/2)

Heilig Geist steht in einem besonderen Viertel. In Neu-Westend zwischen der Berliner City und dem Olympiastadion sicherte sich die sie Steyler-Missions-Gemeinschaft mit einem eigenen Areal für Platz zur Entwicklung eines Standortes in der Reichshauptstadt. Schließlich entstand zwischen Bayern-, Preußen-, Baden- und Westendallee, ein Komplex von Kolleg-, Kloster-, Kirchen-, Gemeinde- und Wohngebäuden. In diesem Jahr (2022) feierte die Gemeinde, übrigens, ihr 100jähriges bestehen, die Kirche wurde vor 90 Jahren geweiht. Über die Geschichte und die Gebäude gibt es hier einiges zu lesen, dabei gäbe es sicher noch viel mehr zu berichten.

Ein Doppelmosaik mit zwei Ordensheiligen, links zu sehen der Hl. Arnold, Foto: K. Manthey 2022

Arnold Jansen, die Steyler Orden

Der Münsteraner Diözesangeistliche Arnold Janssen (1937-1909) wurde am Niederrhein in Goch geboren, studierte in Münster und Bonn, Philosophie, Lehrer für Mathematik und schließlich Theologie, 1861 wurde er im St.-Paulus-Dom zu Münster zum Priester geweiht. Als Gymnasiallehrer in Bocholt kam er mit dem Gebetsapostolat in Berührung. Eine von vielen Strömungen im 19. Jahrhundert zur Stärkung der Frömmigkeit, hier besonders in Bezug auf die Eucharistie und des Herz Jesu. Er wurde Diözesandirektor und war publizistisch tätig. Janssen befasste sich nun verstärkt mit den Fragen der Weltkirche und Mission. Die deutschen Katholiken sollten sich stärker an der Mission in der Welt beteiligen. Somit gründete er in dem Ort Steyl (heute Teil der Stadt Venlo) ein Missionshaus. Von dort konnten wenige Jahre später Patres nach China entstand werden.

Weitere Entwicklung der Orden

Unermüdlich war der Heilige Arnold nun unterwegs, um die Missionstätigkeit ganzheitlich zu unterstützen. Dazu zählten Stärkung der Verkündigungsarbeit an und durch Laien sowie eine starke Pressearbeit. Er war sehr erfolgreich, zwischen 1888 und 1904 entstanden fünf weiteren Niederlassungen in Europa. Hinzu kamen die beiden Frauenorden die Genossenschaft der „Dienerinnen des Heiligen Geistes“ (Steyler Missionsschwestern), 1889, sowie die „Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung“ (Steyler Klausurschwestern) auch aufgrund des Gewands als „Rosa Schwestern“ bekannt. Sie wurde 1896 ins Leben gerufen, um mit dem andauernden Gebet vor dem Allerheiligsten Altarsakrament die Missionstätigkeit der beiden Missionsorden zu unterstützen. Schließlich sollten sich alle drei Ordensteile ebenfalls in Berlin niederlassen. Übrigens, der Ordensgründer soll mehr als 20-mal Berlin besucht haben. Dabei hatte der 1909 verstorbene zwar nicht an eine Klostergründung gedacht, sehr wohl jedoch an ein Studienkolleg. Vermutlich war die Metropole, ihre Universität und das „ungläubige“ Berlin ein guter Ort, um Missionare auszubilden.

Geschichte der Ordensniederlassungen in Charlottenburg

Am Anfang der Ordensniederlassung mit Gemeindegründung und Übernahme der Pastoral stand jedoch der Seliger Bernhard Lichtenberg (Link zur Vita beim Diözesanarchiv Berlin). Als Pfarrer von Charlottenburg hatte er mit der Übernahme 1913, eine riesige Fläche mit ca. 36.000 Katholiken zu betreuen. Dabei war die Katholische Herz-Jesu-Kirche im historischen Kern, Alt-Lietzow baulich kaum geeignet für solch eine Menge.

Außerdem war es ein wichtiges Ziel der Pastoral die Räume und Zahlen zu verkleinern. Denn die einleuchtende Überzeugung war es, dass vor allem kleine Einheiten die Menschen gewinnen und zusammenhalten können. Lichtenberg begann sich explizit um Ordensniederlassungen zu bemühen. Da damals bereits Priester nicht auf Bäumen wuchsen. Mit den Männer-Orden holte er zudem deren Charismen in die Großstadt. D.h. diese konnten ihre Besonderheiten und Ausrichtungen einbringen in die Pastoral der Hauptstadt, mit ihren 400.000 Katholiken eigentlich eine katholische Großstadt für sich (neben München und Köln) und dennoch in der Minderheit (gut 10 Prozent). Zuerst kamen die Jesuiten und gründeten 1921 die Gemeinde St. Canisius. Danach die Steyler Missionare mit der Gründung 1922 sowie ein Jahr darauf die Kamillianer. Zudem entstanden noch die Gemeinde St. Thomas von Aquin in der Schillerstraße in diesen krisenreichen Jahren. Mit den Priestern der Orden konnte auf einen Schlag das pastorale Personal stark erhöht werden.

Karte von Westend aus der Zeit der Immobilienentwicklung, um 1907,
Von Alfred Mende 1907 – www.blocksignal.de, CC BY 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22242025

Geschichte von Westend

Westend war einst eine Villenkolonie am Rande Berlins. Dort entwickelte sich nach dem ersten Weltkrieg u.a. die Siedlung Neu-Westend südlich der neuen U-Bahn-Strecke. Bis heute bietet der Ortsteil wichtige Berliner Architekturikonen, zum Beispiel, den Berliner Funkturm nebst Messe und ICC, ebenso das Le-Corbusier-Haus oder auch das Georg-Kolbe-Museum sowie das gesamte Olympiagelände.

Teillageplan des Areals (Nordwestl. Teil), Q: PfAR Hl. Geist

Die Neu-Westend AG erwarb zwischen 1903 und 07 das Areal u.a. auf dem Gebiet der 1889 eröffneten Trabrennbahn-Westend. Die Gesellschaft setzte auch den U-Bahn-Bau durch, die Strecke war zu Beginn nicht lukrativ. Im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Berlin, zunächst für 1916 vorgesehen, wurde das gesamte Gebiet im dann im Vorfeld der Spiele 1936 entwickelt. Die Nazis wollten auch hier nicht kleckern, sondern klotzen. Besonders bemerkenswert erscheint mir, dass viele der entstandenen Bauten trotz der vorherrschenden Kunstdoktrin spätmodern gestaltet sind. Dies ist wohl im Zusammenhang mit dem weltoffenen Gesicht zu den olympischen Spielen zu betrachten.

Auftraggeber und Architekt von Heilig Geist

Eintrag der Bauherren auf einem Bauplan, Q: PfAR Hl. Geist

Als Architekt tritt im Auftrag der Soverdia (Societas Verbi Divini) Gesellschaft für Gemeinwohl mbH, der Wirtschaftsverwaltung des Ordens, Martin Braunstorfinger in Aktion. Die Steyler Missionare hatten 1931 eine eigene Wohnungsbaugesellschaft gegründet, die Heimwohl AG Mivremia (Missiehouse voor vreemde Missien), später „Rheinwohnungsbau GmbH“. Die, übrigens, bis heute im (sozialen) Wohnungsbau tätigt ist. Übrigens wurde 1932 als ausführende Baufirma des Wohngebäudes die Alfred Schrobsdorff KG beauftragt. Schrobsdorff selbst war vor allem Immobilienentwickler im wachsenden Berlin. Er vertrieb auch die Grundstücke in Neu-Westend.

Unterschrift des Architekten auf einem Bauplan, Q: PfAR Hl. Geist

Der Architekt Braunstorfinger war zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach bei Berliner Kirchenbauvorhaben in Erscheinung getreten. Viel kann ich über den Architekten noch nicht berichten. Er wurde 1899 geboren. Anscheinend hat er in München seine Ausbildung erhalten. Um 1922 wurde er in Berlin tätig. Ab 1945 arbeitete er in einem eigenen Büro in Wiesbaden. Aus der durch ihn begründeten Sozietät schied er 1970 aus Altergründen aus (Somit ist ein Geburtsjahr um 1900 wahrscheinlich). Er wird oft bei der spektakulären Wiesbadener St.-Mauritius-Kirche als Architekt benannt. Dort hat er jedoch nur bei einem zuvor errichteten Gemeindezentrum und der Unterkirche 1959/60 mitgewirkt. Danach haben seine Partner das Kirchbauprojekt realisiert. Vermutlich kam er durch sein Studium nach Berlin, gesichert ist dies bisher hingegen noch nicht. Er lieferte 1931/32 neben den Entwürfen für das Projekt der Steyler auch welche für die Katholische Kirche in Mariendorf, dort hatte er berühmte Konkurrenz: Clemens Holzmeister. Ebenso lieferte er für den sich lang hinziehenden Kirchenbau in Königs Wusterhausen Entwürfe. Sicherlich lassen sich noch weitere Berline Beteiligungen finden. Hochbetagt starb er in Wiesbaden.

Erste Kirchorte: Die Heilig-Geist-Gemeinde

Das Haus der Elisabethschwester in der Nußbaumallee mit der 1. Kapelle, 1922-26, historische Ansichtskarte, Q: Slg. Manthey

Bernhard Lichtenberg hatte erfolgreich mit dem Orden verhandelt. So schickte der Provinzial P. Eustachius Riedel SVD als ersten Kuratus. Am 30.Juni 1922 erreichte dieses Berlin. Nur war niemand auf ihn vorbereitet. Lichtenberg hatte vergessen die Elisabethschwestern in der Nussbaum Allee ausreichend zu informieren. Anfang Juli des Jahres, wurde in der Hauskapelle der Grauen Schwestern, damals eine Augenklinik, die erste Gemeinde Messe gefeiert.

Das Innere der ersten Kapelle, 1922-26, Q: PfAR Hl. Geist

Der Raum wurde schnell zu klein, trotz Stuhlspenden. So dass die Gemeinde zu Pfingsten 1926 unter P. Balkenhohl SVD in die Kapelle des St.-Hildegard-Krankenhauses, ursprünglich ein Kohlenschuppen, umzog. Aus diesem Krankenhaus gingen zudem die Schwestern des Benediktinerklosters St. Gertrud in Alexanderdorf hervor. Nach Ihnen, ab 1934 waren bis 1976 Steyler Missionarinnen in der Klinik tätig, die Ende der 1990ziger Jahre geschlossen wurde. Die Kapelle war auf Anregung von Lichtenberg bereits größer konzipiert worden, damit auch Menschen von außerhalb dort Messe feiern konnten.

Fortsetzung folgt schon Morgen…

Erste Links

Deutschsprachige Seite der Steyler Missionare: https://www.steyler.de/de/

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