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05.XXII: Heilig Geist, Berlin-Westend (2/2)

Heilig Geist in Berlin ist heute erneutes Thema. Dabei geht es um die Geschichte des Kirchenbaus selbst. Nachdem die vorherige Entwicklung gestern Thema war. Anhand dieses Beispiels lässt sich nachvollziehen wie umfangreich die Arbeit für eine Gemeindegründung in Berlin war. Ebenso lässt es auch erkennen, dass es durchaus erfolgreich war. Nachträglich wünsche ich der Gemeinde und ihrer Kirche alles Gute und reichen Segen, auf weitere 100 bzw. 90 Jahre!

Die Baugeschichte der Heilig-Geist-Kirche

Erste Entwurfskizze von Martin Braunstorfinger, 1931, vermtl. Bayernallee/ Ecke Oldenburgallee
Q: Georg Schubert, Bistum Berlin, 1932

Grundstück und Lage

Anfang der 1930er Jahre nun erwarb die Soverdia bzw. die Heimwohl AG das Gelände. Zunächst wurden in die ersten Planung Klosteranlagen für die Steyler Missionsschwestern, die Patres mit einem Kolleg zur Ausbildung der Ordensleute und die ihnen anvertraute Gemeinde erdacht. Dabei sollte die heutige Kirche kurzzeitig als Notkirche und später als Saal dienen. Ein wesentlich größeres Kirchenprojekt plante Braunstorfinger Preußenallee/ Ecke Bayernallee. Dort wo später durch ihn die bescheidenere Klosterkirche Mariä Verkündigung 1937 entstand. Nun für den dritten Orden, die Anbetungsschwestern.

Eine Grundrissskizze, unsigniert, diente vermutlich als Besprechungsgrundlage.
Erkennbar sind Formen des großen Projekts, verbunden mit einer Anbetungskapelle. Vielleicht entstand diese Zeichnung im Zusammenhang mit der Klostergründung der Rosa Schwestern, Mitte der 1930er Jahre, Q: PfAR Hl. Geist Berlin
Entwurf von Martin Braunstorfinger für die große Hauptkirche, Q: PfAR Hl. Geist, Berlin

Der erste Entwurf für eine repräsentative Kirche

Das nicht realisierte Gotteshaus war eindeutig modern-expressiv. Ein breiter Riegel hätte das hohe Kirchenschiff abgeschossen. Welches im oberen Drittel mit Rundfenstern beleuchtet wurde. Die Längswand erhielt außen eine Gliederung durch kannelierte breitere Vorlagen. Die Ausrichtung des Baukörpers war der Länge nach entlang der Preußenallee. Der Portalbereich lag um die Ecke in der Bayernallee. Der Turm wäre mindestens 21 Meter hoch gewesen. Die Firsthöhe des Kirchensaals hätte bei ca. 15 Meter gelesen. Also eine repräsentative Kirche, Stadtbild prägend für das neue Viertel direkt am Entrée. Bisher sind keine Skizzen des Innenraumes bekannt. Dabei waren Entwürfe des Inneren ebenso geläufig. Darüber hinaus scheinen zwei Orte für das unrealisierte Projekt diskutiert worden zu sein. Zum einen dort, wo heute die Kirche Mariä Verkündigung steht. Andererseits war auch die Ecke Bayern/ und Oldenburg Allee geplant. Weiterhin gab es verschiedene Grundriss varianten.

Realisierungsplan ohne erhöhte Front, Q: PfAR Hl. Geist Berlin

Der realisierte Bau

Der schließlich errichtete Stahlskelettbau wurde 1932 benediziert. Die Altarweihe sparte man sich für die spätere Hauptkirche auf. Dabei wurde bereits die „Notkirche mit einer qualitätsvollen, aber umstrittenen Erstausstattung bedacht.

Erste Altarraumgestaltung in Heilig Geist von Müller-Oerlinghausen, Q: PfAR Hl. Geist Berlin
Grundriss von M. Braunstorfinger, 1932, Q: PfAR Hl. Geist Berlin

Der Hauptaltar wies ein 6 m hohe Dreifaltigkeitsrelief von Berthold Müller-Oerlinghausen (1893-1979). Der Künstler stammte aus Bielefeld, lernte dort und in Berlin und konvertierte in Maria Laach zum Katholizismus. Dies tat er gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau Jenny Wiegmann. Von Ihre stammte der bauzeitliche Marienaltar mit dem heute wieder aufgestellten Steilrelief der Verkündigung an Maria.

Das Relief von Jenny Wiegmann, am neuen Ort, Foto: K. Manthey 2022

Doch diese moderne Ausstattung wurde bereits 1939 entfernt, so schnell änderten sich die Zeiten. Es wird berichtet, dass zu einer Trauung, 1937, ein Paar das Bildwerk an der Chorwand verhängen ließ. Jenny Wiegmanns intimes Bildwerk der Verkündigung wurde ebenfalls, und vor dem Kupferrelief, als Seitenaltar entfernt. Dorthin kam nun eine größere Holzreliefarbeit von Herman Inhetvin. Es gab bereits in der Zeit der Eröffnung eine komplette Ausstattung mit Hauptaltar im eingezogenen, Zwei Seiten-Altäre, eine Kanzel u.a. Demzufolge scheint der Orden für eine würdige Ausstattung sorge getragen zu haben.

Der Innenraum ab 1948 mit dem Werk „Die Messiassendung“ des Kirchenmalers Bernitzky, 1948-60 Q: PfAR Hl. Geist Berlin

Die Umbauten von Heilig Geist, 1947, 1960 und 1968

1943 wurde die Kirche durch Kriegsschäden in Mitleidenschaft gezogen. So dass auf erste dürftige Reparaturen 1947–48 Wiederherstellung folgte. Nun auch mit neuer Chorraumgestaltung und einem großflächigen Wandbild von Friedrich Bernitzky, die „Messiassendung“. Anscheinend wurde die Kirche zunächst in der alten Gestalt wieder hergestellt. Doch durch die Beschädigungen wurde der Innenraum farblich neugefasst. Bis 1960 kamen die neuen Farbfenster von Klaus Koch (1951/52) in die Kirche. 1960 bis 1969 gab es weitere Umgestaltungen des Chorraumes und einen Sakristeianbau (Architekt F. Labryga) nun schmückte die Altarrückwand ein Mosaik aus 13 roten Feuerflammen. Ebenfalls wurde am Eingang die Marienkapelle angefügt.

Grundriss der Kirche bis 1988, Q: BSK 1979
Die dreizehn Feuerzungen, Wandgestaltung in der Kirche durch Labryga, von 1960-1988, zu erkennen sind auch die Farbfenster der frühen 1950er Jahre von Klaus Koch, Q: PfAR Hl. Geist Berlin

Die heutige Kirche, Heilig Geist

Querschnitt des letzten Umbauentwurfs durch die Architekten Reith, Q: PfAR Hl. Geist Berlin

Das Architektenpaar Erika und Oskar Reith aus der Gemeinde projektierten den Umbau, der zu heutigen Fassung führt. Ein Grund für die umfassende Renovierung war schlechte bauliche Substanz. Das Dach drohte instabil zu werden. Somit erhielt der Kirchensaal eine neue Decke mit Einwölbung und Holzverkleidung. Das Ehepaar Reith verbreiterte außerdem den Altarraum und schuf den Fensterdurchbruch in der Rückwand. Die Kirche wurde hochwertig und ganzheitlich neu betrachtet. So wurden die Hauptteile des Altarraumes ebenso neugestaltet. Oskar Reith schrieb über sein Projekt 1997, in der Festschrift zum 75zigsten Gemeindejubiläum, auf S. 41:

„Einige bauphysikalische Problempunkte mussten gelöst werden, wie z.B. Heizung und die nicht ausreichende Wärmedämmung des Deckenbereiches. Dabei waren weiterhin beabsichtigt: ein neuer Natursteinbelag, Lautsprecheranlage, Verbesserung der Akustik, Gestaltung des Altarraumes mit natürlichem Licht, Verbesserung der Platzverhältnisse auf dem Emporen Bereich für Chor und Instrumentalisten, neue Orgel und Neugestaltung der Kirchenfenster.“

Eingang zur Kirche, Foto: K. Manthey 2022

Außen

Wer von der Preußenallee die Bayernallee zur Kirche läuft, passiert linker Hand die Klosteranlage des ehemaligen Anbetungsklosters St. Gabriel. Sobald die Oldenburg Allee erreicht ist, beginnt das Areal der Steyler Patres. Zurückversetzt von der Straße führt unscheinbar eine Freitreppe zum Portalturm. Durch einen bereits geplanten jedoch erst später ausgeführten Anbau der Küche und Mädchenkammer, 1935, ist die umbaute Fläche des Eingangs später noch erhöht worden.

Dafür wurde im Gegensatz zu den ersten Planungen ein Teil des Giebelfeldes zur Straßenfront hin turmartig erhöht. Die Grundfläche dieses Turmes war, übrigens, nur als Eingangsbereich ausgelegt und wurde erst später um die Marienkapelle erweitert. Ansonsten war diese als Notkirche und späterer Gemeindesaal gedachte Bau schlicht als Quader ausgeführt worden. Ziegelsteine bilden den Sockel von Kirche und Kollegbauten. Der Sakralraum ist durch die Treppenanlage erschlossen und liegt somit im 1. Obergeschoss.

Innen

Aufgrund der seitlichen Eingangssituation betritt man den stützenlosen Kirchensaal unter der Empore und nicht zentral. Gegenüber befindet sich der Aufgang zur Empore sowie der Ausgang zum Innenhof. Der Saalbau erzeugt durch die Anlage der Decke damals wir heute eine gewissen Dreischiffigkeit. Ursprünglich durch eine abgestufte Decke mit Querbindern, heute hingegen mit einer zentral gewölbten Holzkonstruktion. Durch den Rückbau der Anbauten neben dem Altarbereich, ist der Chor nun so breit wir das Kirchenschiff. Dies öffnet sie für die Liturgie zum Kirchenraum hin. Der Raum ist geprägt durch die Neugestaltung Ende der 1980er Jahre.

Dabei wurden auch Ausstattungen aus früherer Zeit behalten. So z. B. der Tabernakel von Johannes Schlüter, aus dem Jahr 1969. Dessen Schauseite zeigt eine Darstellung der Verkündigung an Maria mit den Materialien Email und Bergkristall. Zudem sind Kunstwerke uns Ausstattung aus den 1930er Jahren erhalten.

Der Tabernakel, Foto: K. Manthey 2022

Bauzeitliche Ausstattung in Heilig Geist

Vor allem der Kreuzweg von Paul Plontke (1884-1966) ist hierbei zu erwähnen. Große Quadratbilder (ca. 62x62cm) ausgeführt in Öl auf Leinwand zeigen farbig die Passionsszenen. Der Kirchenmaler und Professor war ein gut beschäftigter Künstler. Gut möglich, dass der aussagekräftige Kreuzweg im Zusammenhang mit dem verfrühten Tod seiner Frau Anna, 1930 (geb. 1890), steht. Plontke war in der NS-Zeit ebenfalls ein gefragter Maler. Hitler nahm ihn sogar auf die Gottbegnadeten-Liste. Dort standen etwas mehr als 1000 Künstler und Kulturschaffenden, die besonders geschützt waren, so z.B. vor dem Fronteinsatz.

Darüber hinaus gibt es noch spätere Holzreliefarbeiten, eine Madonna und einen Josef von Herman Inhetvin. Diese wurden als Seitenaltäre genutzt. Nun befinden sie sich im hinteren Kirchenteil an den Seitenwänden. Vom selben Künstler stammt ebenfalls die Antoniusfigur unter der Empore. Weiterhin zu erwähnen ist das Fensterwerk zum Thema „Der Heilige Geist durchdringt die Welt“. Der Entwurf stammt von Hans-Günther van Look (1939-2007). Ausgeführt hat die Firma Derix aus Rottweil (Taunusstein) die 18 Fenster 1993. Das Hauptfenster der Serie befindet sich zudem in der Altarwand. Bauzeitlich sind noch die eingebauten Beichtstühle in den vorderen Seitenwänden. Eine Besonderheit ist die Kapelle links vom Altarraum. Dort befindet sich ein Altar mit asiatisch wirkender Gestaltung. Dieser gehört sicherlich zur philippinischen Gottesdienstgemeinde und zeugt von der weltweiten Missionsarbeit der Steyler Missionare.

Würdigung der Kirche Heilig Geist

Die gesamte Anlage der Heimwohl AG Mivremia ist übrigens bis heute erhalten und ein architekturhistorisches Kunstwerk. In kurzer Entfernung befinden sich zwei Kirchen. Dazu kommt noch die kleine Kollegskapelle im Wohnbereich der Patres. Außerdem ist das überlieferte Projekt der Pfarrkirche ein spektakulärer Entwurf. Die Pfarrkirche Heilig Geist zeugt trotz oder gerade aufgrund ihrer Einfachheit noch von der Aufbruchstimmung der späten Weimarer Republik und dem Gemeindeaufbau im Bereich des Bistums Berlin. Die historischen Kunstwerke sowie die spätere Ausstattung sind sehenswert. Besonders stimmungsvoll ist außerdem die neu eingerichtet Kapelle am Eingang. Die Kirche ist gut zu erreichen und tagsüber geöffnet. Also ein Sakralbau der sich lohnt.

Blick zur Orgel, Foto: K. Manthey 2022

Links:

Seite der Gemeinde Heilig Geist: https://www.heiliggeist-berlin.de

Direkt nebenan
Die Gedenkkirche in Charlottenburg Nord

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