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Abend über Potsdam (24.XII.23 – Kalenderblatt)

Abend über Potsdam heißt ein Bild von Lotte Laserstein. Ich habe es im Herbst in der Neuen Nationalgalerie in Berlin entdeckt. Dort verwies das Bild auf die bald wieder kommende Dauerausstellung der Sammlungsbestände. Es war mir vollkommen unbekannt. Was daran liegen mag, dass das Bild erst 2010 erworben werden konnte. Die Stimmung auf dem auf Holz gemalten Ölbild von 1930 erzeugt eine wunderbare Stimmung. Offensichtlich sind Freunde beisammen, dabei scheint es nicht nur ausgelassen zu sein. Im Detail kann man darüber hinaus unterschiedliche Stränge und Beziehungskonstellationen entdecken. Daher ist es ein wunderbares Weihnachtsbild, 93 Jahre nach seiner Entstehung.

Lotte Laserstein beim Malen des Bildes: Abend über Potsdam, 1930;
Q: Von Wanda von Debschitz-Kunowski – http://www.swp.de/ulm/nachrichten/kultur/1938-Ein-Katastrophenjahr-auch-fuer-die-Kunst;art4308,2347355, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49115285

Lotte Laserstein (1898-1993)

Die Künstlerin wurde 1898 in Ostpreußen geboren, mit der Familie zog Sie über Danzig nach Berlin. Dort konnte sie Abitur machen und von 1921 bis 27 an der Hochschule für Bildende Künste (Vorläufer der Universität der Künste) Malerei studieren. Vor allem die Porträtmalerei wurde ihr Schwerpunkt. Übrigens durften Frauen erst nach dem Kaiserreich regulär Kunst studieren. Laserstein betrieb eine von vielen privaten Kunstschulen. Sie bereitete speziell Frauen und Mädchen auf ein Kunststudium vor. Ab 1933 wurde sie als „Vierteljüdin“ mehr und mehr eingeengt und konnte schließlich nach Schweden emigrieren. Mit ihrem ca. 10.000 Arbeiten umfassenden Werk zählt sie zu den bedeutendsten Vertreterinnen der gegenständlichen Malerei und der Neuen Sachlichkeit in der Zwischenkriegszeit. Wiederentdeckt wurde Sie ab Mitte der 1980er Jahre als es zu den ersten umfassenden Ausstellungen zur Kunst der Weimarer Zeit kam. Lotte Laserstein starb hochbetagt 1993 in Stockholm und arbeitet fast bis zum Tod.

Abend über Potsdam – eine Beschreibung

Auf einem Balkon o.ä. sind fünf Menschen und ein Hund versammelt. Drei zeigen uns Ihren Rücken, zwei betrachten wir von vor. Der Tisch ist mit einem großen weißen Tuch bezogen, darauf sehen wir Brot, Obst und Gläser. Es ist ausreichend Alkohol vorhanden, dazu muss man nur kurz unter den Hocke mit geflochtenem Sitz schauen. Alle Personen scheinen zwischen 30 und 40 Jahren alt zu sein, zwar wirken Sie wie Freunde, doch irgendwie auch nachdenklich und in Gedanken. Über die Köpfe hinweg bildet die Skyline von Potsdam den Hintergrund.

Der Hintergrund

Ausschnitt der Silhouette

Gut zu erkennen sind verschiedene Türme im Mittelteil des Hintergrund über den Köpfen, ganz links im Bild die katholische Kirche St. Peter und Paul von 1870 (intern), dann die Kuppel von St. Nikolai am Alten Markt (1837), sowie vermutlich der Einsteinturm (in der Mitte, von Erich Mendelsohn, 1922) sowie rechts davon vielleicht die Garnisonkirche (Philipp Gerlach, 1730er). Somit könnte man vermuten wir befinden uns auf einem Balkon in Potsdam West, gut möglich, dass es die Brandenburgische Vorstadt ist oder Charlottenhof.

Die Personen in Abend über Potsdam

Mittelteil

Schauen wir kurz auf das Personal im Bild. Im Zentrum strahlt eine Frau im gelben Kleid, vielleicht die Künstlerin selbst. Sie hat beide Unterarme auf dem Tisch abgelegt und schau bedächtig eher nach unten. Rechts davon (links von ihr) ein Mann im Anzug, zwar lehnen seine an den Händen locker verschränken Arme über dem Geländer doch auch er wirkt ruhig. Ihnen schräg gegenüber ein weiterer Mann, mit dem Rücken zu uns, stützt sein Kopf auf seinem linken Arm, während der rechte ein Glas schwenkt. Vielleicht ist dort Wein, Bier oder Saft enthalten. Diese drei wirken bedacht oder vielleicht lustlos. Ganz Instagram tauglich (instagramable) könnte dieses Bildquadrat eigentlich ausreichen. Jedoch hat Lasermann eine langes Querrechteckt als Format gewählt, denn zu dem Gespräch an einem (Spät-)Sommer Abend über Potsdam gehören noch zwei Frauen am Rand.

Am Rand links steht eine Frau im schlichten schwarzen Kleid und kurzen Haaren. Sie hat zwar den Kopf nach rechts, zur Bildmitte geneigt blickt jedoch in die Ferne auf die Silhouette der Stadt Potsdam. Rechts am Rand gießt eine blonde Frau, ebenfalls mit dem Rücken zu uns etwas aus einer Karaffe in einen Becher.

Was soll es bedeuten?

Die Bedächtigkeit aller bleibt das Geheimnis der Künstlerin. Sind sie gemeinsam an einem denkwürdigen Punkt des Gespräches angelangt und halten inne? Sind sie gemeinsam traurig oder verzweifelt? Vielleicht erwarten Sie sogar etwas? Bei genauer Betrachtung wird aus dem Idyll in Abend über Potsdam eine Menge an Fragen. Gut möglich, dass Lotte Lasermann genau das erreichen wollte. Das Gemälde gilt als ihr Hauptwerk und wurde auch deswegen angekauft. Menschen, die miteinander an einem schönen Abend beisammen sind werden in einem Pause-Moment gezeigt. Es bleibt das große Rätsel der Ursache. Vielleicht ist es auch als Vorahnung auf 1933 hinzulesen, wie es auf den Seiten der Kulturstiftung der Länder (extern) vermutet wird

Somit passt es für mich zu Weihnachten. Menschen sind zusammen, haben unterschiedliche Erfahrungen miteinander und sie feiern etwas auf das sie warten müssen, hoffen müssen, ob es eintrifft wissen sie nicht. Ja, vielleicht ist es auch alles ganz anders. Doch wer weiß das schon? Frohe Weihnacht und einen freundlichen Abend, ob in Berlin, Potsdam oder sonstwo!

Weiterleitungen zu (Heilig) Abend über Potsdam

Über die Erwerbung:
https://www.smb.museum/nachrichten/detail/eine-wichtige-neuerwerbung-fuer-die-nationalgalerie-lotte-lasersteins-hauptwerk-abend-ueber-potsdam/

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