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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 22. Dezember 2024
- Category: Aktuelles, Kalender
Abtei Treptow (XXI.XII.)
Eine Abtei in Treptow? Ja die gab es. Zumindest um 1900 als Kulissen artiger Nachbau. Im Rahmen der großen Berliner Gewerbeausstellung 1896 wurde ein kleine Erhebung zu einer Insel in der Spree aufgeschüttet. Anfänglich hieß de künstliche Insel „Treptower Bruch“ dann Neu-Spreeland. Nach der Eröffnung einer Ausflugsgaststätte, die als schottische Burg bzw. Klosterruine („Abtei“) gestaltet war, kam der Name Abteiinsel auf. Als das Lokal von Gustav Busekow 1914 abbrannte, wurden nach und nach die Reste abgetragen. Lediglich ein Teil der Chorwand schien noch gestanden zu haben.
Somit entstand ausreichend Platz für den Bau der Abteibrücke mit großzügigem Torhaus. Zuvor war die Insel nur durch Fähren erreichbar. Da ein Brückenau zu teuer war. Als 1913 die damals eigenständige Stadt Neukölln die Insel kaufte, war die Errichtung einer der ersten Stahlbetonbrücken möglich. Zudem geschah der Bau sicherlich in Konkurrenz zur Nachbarstadt Köpenick. Beide Städte wurden 1920 nach Groß-Berlin eingemeindet. Nach dem Krieg entstand dort ein Jugendklub und andere Einrichtungen für Jugendliche Somit ist die Insel noch heute als Insel der Jugend bekannt.
Die Berliner Gewerbeausstellung 1896
Eigentlich wollten die Berliner Gewerbetreibenden ihre Leistungsschau als Weltausstellung inszenieren. Nur wollte dies der Kaiser Wilhelm II nicht. Denn die Finanzlage im Staat war angespannt. So soll der Kaiser bei passender Gelegenheit, das Berlinerische imitierend gesagt haben: „Ausstellung is nich, wie meine Herren Berliner sagen“. (Q: Art. b. Wiki, s.u.)
Trotzdem wurde die nun vor allem von der Privatwirtschaft der Stadt organisierte Schau ein Publikumserfolg. Mit der Straßenbahn und anderen neugeschaffenen Öffentlichen konnten die Besucher zum Ausstellungsgelände in den Treptower Park reisen. Vom 1. Mai bis 31. Oktober 1896 war das Gelände geöffnet. Auf 900.000 qm mit etlichen Gewässern und Gebäuden konnte man Attraktionen der Welt betrachten und teilweise betreten. Außerdem gab es eine Kolonialschau mit nachgebauten Dörfern und Einheimischen (dies ist ein speziell zu betrachtende Kapitel und kann hier nicht gewährleistet werden). Zudem gab es elektrische Eisenbahnen, Berlin im Mittelalter usw. Zudem viele Vorführung z.B. der Röntgenstrahlen. Bis heute zeugt die Archenhold-Sternwarte von den Leistungen der Ausstellung. Zwar gab es 120 von 168 Ausstellungstagen Ragen, dennoch kamen wohl 7 Millionen Besucher nach Treptow, also: ein Erfolg. Auch das Kaiserpaar ließ es sich nicht nehmen von der Spree anreisend die Berliner Gewerbeausstellung zu eröffnen.
Zum Bauwerk der Abtei in Treptow
Außerdem wurden verschieden Sakralbauten abgebildet u.a. eine Moschee und die Abteiruine. Viel ist bisher über diesen Bau nicht bekannt. Die Anlehnung an schottische Vorbilder habe ich aus dem Internet. Die Elemente, die an eine Klosterkirchenruine mit Chorscheitelfenster erinnern, könnten auch im Brandenburgischen gestanden haben. Dass man sich für diese Aufmachung entschied hat sicherlich mit der Berliner Gewerbeausstellung 1896 zu tun. Damit war das Bedürfnis Attraktionen zu schaffen verbunden.
Dass die Abtei, ganz in der romantische Idee einer Ruine entstand. Geschah vermutlich ohne Hintergedanken oder Kirchen-Kritik. Wahrscheinlich kamen christliche Kirchenräume noch woanders vor. So beispielsweise im begehbaren Alt-Berlin, wo es das Heilig-Geist-Spital zu sehen gab. Der bis heute erhaltenen Kapelle des Spitals drohte in dieser Zeit der Abriss.
Nur aufgrund des starken bürgerlichen Engagements konnte der Sakralbau schließlich in den Neubau der Wirtschaftsschule integriert werden. Dies war einer der ersten Denkmalschutzfälle in der sonst ständig umgestalteten deutschen Hauptstadt. Übrigens einer der Akteure war der Kirchenarchitekt Max Hasak, er hatte in diesen Jahren in der ersten St.-Mauritius-Kirche in Lichtenberg, der bedrohten Kapelle ein Denkmal gesetzt.
Also Ausflugslokal in einer Klosterruine. Dies hat den Berliner sicherlich gefallen. Zumindest zeugen die historischen Ansichtskarten von einem großen Betrieb. Natürlich darf bei den Motiven ein malerisch eingesetzter Mönch nicht fehlen. Gut denkbar, dass man damals auch mal kostümierte Männer zu Werbezwecken einsetzte. Damit diese durch das malerische Klostertor die Kundschaft hineinlockten.
Befund zur Abtei
Auf jeden Fall eine kleine Kuriosität der Berliner Geschichte, der ich nun nach über einem Jahr endlich einen Text widmen konnte. Bei Gelegenheit durchsuche ich den Katalog mit fast 700 Seiten noch einmal genauer, wer weiß, was sich dort noch findet. Bisher fiel mir auf, dass zum einen die Abtei auf den Karten und Plänen nicht zu entdecken ist. Zum anderen ist mir die Reihenfolge von Abbrennen, Abbau und Brückenneubau nicht ganz klar. Denn es gibt Darstellungen die zumindest einen Teilbestand der Abteianlage nach der Brückeneröffnung vermuten lässt (s. Bilder oben).
Links zum Thema Abtei in Treptow
Über die Gewerbeausstellung:
https://wissenschafts-thurm.de/die-verhinderte-weltausstellung-die-berliner-gewerbeausstellung-von-1896/
Details zur Berliner Gewerbeausstellung 1896:
https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Gewerbeausstellung
Über die Abteibrücke von 1916:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abteibrücke
Der Ausstellungskatalog von 1896 bei der ZLB:
https://digital.zlb.de/viewer/image/34220080/1/