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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 2. Juli 2020
- Category: Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 103, St. Matthias-Kapelle, später St. Ludgerus, später Mor Jacob
Mit St. Ludgerus beschreibe ich heute die vielen Gesichter eines Gotteshauses. Dabei streifen wir in den 152 Jahren vorüber an dem preußischen Königtum, der Kaiserzeit, der Weimarer Republik, der NS-Zeit, der BRD getrennt und geeint. Dafür brauchte die Veröffentlichung heute etwas mehr Zeit. Dies sei mir verziehen.
Die Baugeschichten
Die erste St.-Matthias-Kirche in der Potsdamer Straße 37 (heute: 94) wurde übrigens schon 1868 geweiht. Ebenso stand sie dort zuerst frei.
Später kam es aufgrund der Straßenbebauung zu einer Hinterhoflage im Berliner Tiergarten. Dieser einfache Kirchenraum war übrigens die Keimzelle der Katholischen Gemeinden im Berliner Südwesten.
Dabei ist die Baugeschichte geprägt von Anbauten und Ergänzungen.
Darüber hinaus brannte die Kirche im April 1945 aus. Schließlich waren die Trümmer 1948 beräumt und die Kirche wieder unter einem Dach. Seitdem war ein Notbetrieb möglich.
Darauf erhielt der Kirchenbau eine neue Gestalt mit markanter Eingangsfassade und neuem Vorderhaus durch Felix Hinssen den 2. Diözesanbaurat. Ende der 1980er Jahre schließlich, begann die Nutzung der Kirche durch die syrisch orthodoxe Gemeinde in Berlin, nun heißt sie Mor Jacob (Hl. Jakob).
Die Altarräume
Zur Baugeschichte der Kirche gibt es sicherlich vieles zu berichten. Doch als Beispiel soll heute der Fokus auf die Gestaltung des Altarraumes gerichtet sein. Dieser wurde dafür bereits bis 1945 mindestens drei mal grundlegend verändert. 1882 scheint es so als habe man ferner das Vorderhaus und die Seitenkapelle neu geplant. Der erste Hochaltar ist nicht überliefert, vielmehr handelte es sich um eine Übergangslösung. 1896 wird schließlich ein „richtiger“ Altar fertiggestellt. Zu diesem Zeitpunkt ist ebenfalls die neue Kirche St. Matthias auf dem Winterfeldtplatz fertiggestellt. Die alte Kirche hieß nun St.-Matthias-Kapelle.
1909 schufen dort die Wiedenbrücker Holzbildhauer Becker und Moormann nach Entwurf des Kölner Dombaumeisters Bernhard Hertel (1862-1927) einen neugotischen Hochaltar. Die selben Künstler hatten übrigens zur gleichen Zeit St. Elisabeth in der Kolonnenstraße als Tochterkirche der Gemeinde erbaut. Das neue Hauptbild des Altars war eine Kopie der Maria mit Kind aus der berühmten Sixtinische Madonna Raffaels (d.h. die Umrandung ist nicht dargestellt).
Fritz Wingen (1889-1944) und sein Altarbild
Dieses Bild wird überdies später durch Fritz Wingen noch einmal für den Seitenaltar kopiert. Dieser in den 1930er Jahren in St. Matthias mehrfach tätige Künstler schuf weiterhin für die Altarwand eine monumentale Christus-Pantokrator-Skulptur. Die zudem mitten im Krieg 1941 fertig gestellt wurde. Zudem sorgt die Arbeit aus Mörtel für Aufsehen. Der Künstler stirbt 1944 im KZ Majdanek im Gas. Er hatte sich mehrfach kritisch gegen den Nationalsozialismus kritisch verhalten.
Nach dem Krieg
Schließlich bleibt diese Altarrückwand nicht erhalten, obwohl sie noch 1946 in den Ruinen vorhanden ist, wird sie abgebaut.
Die neue Ludgeruskirche (ab 1928 unter diesem Patrozinium) wird 1959 durch Felix Hinssen fertiggestellt. Da die Gemeinde in den 1970er und 80er Jahre klein geworden ist wird die Kirche nicht mehr von den Katholiken verwandt
Würdigung
St. Ludgerus steht ferner für ein Weiterwachsen der Kirchenbautradition in Berlin. Von einer einfachen Kapelle, die später umbaut wird hin zu einer Kirche und die des weiteren nun von orthodoxen Christen genutzt wird. Dabei steht in der Zeit der katholischen Nutzung das immerwährende Ringen um die zur jeweiligen Zeit passenden Gestaltung. Darüber hinaus hat die Architekturgeschichte von St. Ludger einiges zu bieten: Von einer vollkommenen neugotischen Kirchengestaltung bis hin zur (Zwischen-)Kriegsmoderne und der runden Baumodernität der 1950er.
Weiteres im Netz
Die Reihe: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Seite zu Mor Jacob auf der Gemeindeseite: https://st-matthias-berlin.de/kirchen/mor-jakob-st-ludgerus.html
Beitrag zu Fritz Wingen: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Wingen
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