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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 10. Dezember 2022
- Category: Kalender
10.XXII: Erste Russisch Orthodoxe Kirche Berlin
Russisch Orthodoxe Gemeinden gab es im deutschen Raum bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Ausgehend von Kaufleuten, Diplomaten sowie Soldaten im Dienste Preußens entstanden diese Gemeinden. 1718 werden in Potsdam orthodoxe Kapellen errichtet. Ebenso entstanden Kirchen zu pastoralen Betreuung russischer Adliger. Dies waren z.B. Fürstinnen, die nach Deutschland verheiratet wurden und nun ihren Glauben weiter leben wollten. Die Kirche, um die es heute geht war der erste Neubau der Konfession in Berlin.
Ursache für diesen Post
Aufgrund einer Postkarte im Netz (s. Abb. oben) wurde ich auf die erste Russisch Orthodoxe Kirche in Berlin aufmerksam. Dabei handelte es sich um ein Motiv der „Domklause“. Das Restaurant mit Konditorei gehörte Otto Trautmann und hatte die Anschrift Hohenzollerndamm 33. Somit war mein Interesse geweckt, denn welcher Dom war am Fehrbelliner Platz, Ruhrstraße Ecke Hohenzollerndamm in Wilmersdorf? In Berlin sammelten sich orthodoxe Christen aus Russland nach der Revolution 1917. Es waren Adlige und andere Geflüchtete. Also entstand in dort eine Gemeinde mit rund 200.000 Seelen, die größte im deutschen Raum. In einem originalen Beitext zu einer Abbildung heißt es:
„Nach der Kirche in die Klause.
Eine für alle festlich gestimmten Kirchgänger wie Eheleute, Taufende usw. hervorragende Neuerung findet sich im Berliner Westen. Dort ist die „Domklause“, ein nettes Restaurant in das Gebäude der russischen Kirche eingezogen, so daß sich jetzt Kirche, Wohnungen und Restaurant im selben Haus befinden.“
Q: Bundesarchiv, https://www.bild.bundesarchiv.de (der Link öffnet direkt das Bild mit Text), 10.12.22
Die Geschichte der ersten russisch orthodoxen Kirche Berlins
Die erste Kirche war also eine durch Spenden finanzierte Kirche 1928. Diese befand sich in den oberen Etagen eines neuerrichteten Wohn- und Geschäftshauses. Dort entstand sozusagen eine russische Kirche auf dem Dach. Ein Bau, dessen Kubatur deutliche Merkmale des orthodoxen Sakralbaus aufnahm. Die typischen „Zwiebeltürme“ ebenso wie eine nach Osten zu Kreuzung hin ausgeführte Apsis sind zu erkennen. Leider ist mir nicht bekannt wie der Innenraum aussah. Ein Grundriss ist nach einer Internetrecherche ebenso nicht auffindbar. Übrigens kam erst ein Jahr später die „Domklause“ ins Erdgeschoß. Sie bestand noch nach 1956, dann jedoch ohne Kirchen- Aufbau.
Nachfolgebau
Diese Kirche bestand nur kurz. 1936 musste die Gemeinde ausweichen, das Gebäude wurde von den Nationalsozialisten beansprucht. Schließlich konnte die heutige Auferstehungskathedrale, gut 300m entfernt und ebenso am Hohenzollerndamm, bis 1938 durch den Architekten der staatliche Bauverwaltung Karl Schellenberg fertig gestellt werden. Die Ikonostase soll übrigens aus der ersten Berliner Kirche stammen, ursprünglich sogar aus einem Sakralbau in Warschau.
Am Ort der ehemaligen Dachkathedrale steht heute ein neues Gebäude, jedoch ohne spektakulären Aufbau. Dafür wieder mit einem gastronomischen Betrieb im Erdgeschoß. Immerhin verdanke ich einem Restaurant diesen Fund – ein spannendes Stück Stadtgeschichte.
Abschließend stelle ich klar, dass ich mich hier mit der Baugeschichte und dem Verschwinden einer Kirche befasse. Dieser Beitrag ist keine Meinung zur politischen (Ein-)Stellung der russisch orthodoxen Kirche.
Links
Seite zur Auferstehungskathedrale auf berlin.de: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/gebaeude-und-anlagen/kirchen/artikel.111008.php
Die Geschichte der Gemeinde: https://de.pokrov.de/?p=2105
Die russisch orthodoxe Diözese Berlin: https://rokmp.de/de/