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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 17. Oktober 2021
- Category: "St. Hedwig im Wandel", Kirchenporträts
Die neue Sankt Hedwigs-Kathedrale, Berlin (Tägliche Kirche, Nr. 101)
Die Sankt Hedwigs-Kathedrale erhielt heute vor 6 Jahren eine völlig neue Entwicklung. Unter Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki wurde zügig ein Wettbewerb zur Umgestaltung der sanierungsbedürftigen Kathedrale des Hauptstadtbistums ausgelobt. Die entscheidende Preisgerichtssitzung war am 30. Juni 2014. Daraus ergab sich ein eindeutiger Sieger. Somit entstand eine völlig neue Richtung für den Ort. Allerdings werde ich heute nicht die Geschichte und Probleme des Wettbewerbs zum Thema machen. Vielmehr geht es um die Chance, die diese neugestaltete Kathedrale bringen kann. Da gestern der Gedenktag der Hl. Hedwig von Andechs und besonders von Schlesien war, kommt heute eine Überarbeitung vom Juni 2020.
Ich bin für die Umgestaltung zum einen aufgrund der nötigen Sanierungen, zum anderen um einen Raum für heutige und zukünftige Bedürfnisse zu schaffen. Und das trotz der denkmalpflegerischen Bedenken. Denn es ist die Chance für ein neues katholisches Zentrum in der Mitte der Bundeshauptstadt.
Der neue Entwurf und seine Chancen
Und genau das brauchen wir Katholiken in Berlin, mehr als je zuvor. Der Siegerentwurf des Architekturbüros Sichau und Walter GmbH zusammen mit Leo Zogmayer ist einfach und klar. Er forderte einiges an Umbauten, doch das hätten nahezu alle in der engeren Wahl stehenden Einreichungen des Wettbewerbs benötigt. Der Entwurf schaft einen abgeschlossenen Raum in der Oberkirche der Sankt Hedwigs-Kathedrale. Ferner liegt in der eindeutigen Zentralität des Raumes eine klare Radikalität.
Ein Altar als Halbkugel ist der Gegenpol zum Rund der Kuppel. Um ihn herum sammelt sich das Volk Gottes. Alle Menschen im kreisrunden Raum können gleich nah und gleich fern davon sein.
Der Abstand des Bischofssitzes zum Altar ist laut Entwurf von 2014 ebenso weit, wie der Platz anderer Besucher in den Sitzreihen. Dort ist der Altar noch ebenerdig und somit kommt somit die Gemeinschaft aller Gläubigen besonders zum Ausdruck.
Weiterhin schlägt der Entwurf eine örtliche Trennung von Ambo, Tabernakel (in der Rotundenkapelle), Taufe (in der Unterkirche) sowie dem Kreuz, der Marienfigur usw. vor. So dass jedes Hauptstück eine extra Zone erhält. Jedes ist daher Teil der gesamten Theologie der Kirche.
Zwar steht der Altar als Zeichen der Eucharistie in der Mitte, doch auch ein Wortgottesdienst hat in der neuen Kathedrale von Sichau und Walter zusammen mit Zogmayer seinen herausgehobenen Ort. Ob wir diese Gleichheit in unserer hierarchisierten Kirche aushalten? Das entscheiden schließlich wir als lebendige Kirche und wir sollten versuchen es auszuhalten.
Weiterentwicklungen und Möglichkeiten
Mittlerweile wurde viel um den Entwurf gerungen. Dinge wurden geändert. So soll es nun beispielsweise Bankreihen geben. Darüber hinaus erscheint es wahrscheinlich, dass man die Altarzone abgrenzt und leicht erhöht.
Dabei ist auch eine Stufe geplant. Sowie es die neusten Renderings zeigen. Nichtsdestotrotz hat diese überarbeitete Fassung ebenfalls die Stärken der Grundidee – mit ein paar Eingeständnissen. Für den Innenraum hat man sich nun übrigens für ein großes Kreuz entschieden, ähnlich wirkungsstark wie damals das Lichtkreuz von Ludger Hinse.
Mittlerweile ist das Dach neu eingedeckt. Anschließend arbeiten die Bauleute nun auch in der Kirche. Derzeit wird die Unterkirche erneuert. Dort soll in einer der Kapellen die neapolitanische Krippe von St. Hedwig einen festen Platz erhalten. Übrigens wird dieses Kleinod ab Advent in der Katholischen Akademie ausgestellt. Ebenfalls arbeiten Künstler und Architekten derweil an den Umsetzungsdetails und Gestaltungen der Kirche.
Umso länger ich die Entwürfe abwäge, umso öfter sehe ich mich in diesem liturgischen Zentrum und fühle mich gut. Als Besucher außerhalb der Gottesdienste, als Liturge einer Eucharistiefeier oder Vorsteher einer Andacht. Damit wäre die Sankt Hedwigs-Kathedrale mehr als zuvor eine Kirche für alle. Die Besucher von außerhalb, die politische Prominenz, die Katholiken Berlins und die Bewohner der Stadt, die kein Bekenntnis hat. Wir benötigen Mut um unsere Kirche in der Gesellschaft zu halten. Sie muss Ort für viele sein und ein offenes Angebot für die Vielfalt der heutigen Welt – mit Ihren Sorgen und Nöten.
Fazit
Für mich steht fest: Klarheit und Veränderung ist eine Antwort auf die drängenden Fragen von heute und Morgen. Dies löst der Entwurf von Sichau, Walter und Zogmayer ein und folglich unsere neue Sankt Hedwigs-Kathedrale ab 2023.
Weiterführendes
Diese Reihe im Überblick: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Die Seite des Erzbistums zum Wettbewerb: https://www.hedwigs-kathedrale.de/umgestaltung/wettbewerb-und-siegerentwurf/
Ein Artikel bei bauwelt.de zum Siegerentwurf: https://www.bauwelt.de/themen/Licht-ist-die-Hoffnung-St.Hedwigs-Kathedrale-Berlin-2105254.html
„….mehr als zuvor wine Kirche für alle“ – wo nehmen Sie nur all ihre merkwürdigen Argumente her? Die St. Hedwigskathedrale war steht’s – und mehr als andere Gotteshäuser eine Kirche für alle. Sie hat mit Ihrem Kuppelkreuz und direkt darunter Altar, Tabernakel und Grablegen zu Ostzeiten soviel Trost gespendet – und bis in die Nachwendezeit zig Tausende Menschen gerade deswegen angezogen.
Es bleibt dabei – man hat diese Kirche ihrer Seele beraubt – weil ein zum Kardinal erhobener Kölner Bischof es unzumutbar fand, „um ein Loch herum zu schreiten“.
Es ist eine Schande.
Sehr geehrter Herr Siekmann,
welche Seele von den mindestens 4 Umbauten in 250 Jahren meinen Sie?
Ich denke wir haben nicht das recht zukünftigen Generationen an Gläubigen vorzuschreiben
in welchen Räumen Sie Gottesdienst feiern.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Konstantin Manthey
Wir schreiben ja aber künftigen Gläubigen vor „nicht mehr um ein Loch“ zu schreiten sondern sich bitte an diese neue aalglate Kirche für Alle“ zu gewöhnen. Die „Seele“ von etwas wird sicherlich auf einer subjektiven Ebene wahrgenommen, spiegelt sich jedoch aber auch in der Geschichte und den Erfahrungen der Gläubigen (und Besucher) mit dem Ort wieder. Die gerade entfernte Innengestaltung hat gerade durch Ihre Verbindung zur Geschichte des Ortes und ihrer komplexen Entstehung für viele eine Seele gehabt. Eine Neue muss ich bei diesem cleanen Allerweltsinnenraum erstmal einstellen. Ob nun eine Dauerausstellung der Neapolitanischen Krippe das entledigen der eigenen Ortsgeschichte und eines bedeutenden Baudenkmals kompensiert und mehr beseelt oder nicht noch mehr zur Theatralisierung und Bagatellisierung des Glaubens führt sei ebenfalls dahingestellt, aber Aldi wirbt ja aktuell (September 2023) auch damit, dass es wieder Spekulatius im Sortiment gibt. Also vollkommen im medialen Zeitgeist was hier passiert. Die Kreisförmige Anordnung der Bänke gab es auch im alten Raum schon und wurde (warum eigentlich?) die letzten Jahre nur als lieblose und sperrige Bahnkreihen ausgeführt, mal sehen wie lange der neue Raum für alle so funtkioniert. Herzliche Grüße, Bruno T.
Sehr geehrter Herr T.,
vielen Dank für Ihren Kommentar und die ironische Kritik am Bau.
Ich frage mich mittlerweile, weshalb ich gerade in puncto St. Hedwig fast immer nur polemische Reaktionen und Einlassungen erhalte, von Personen, die ihren Namen nicht preisgeben. Dies ist für mich immer nur eine halbe Diskussion. Denn wer nicht zu seiner Meinung steht hat anscheinend auch kein Interesse auf Austausch. Dennoch veröffentliche ich Ihren Beitrag, damit sich Vielstimmigkeit abbildet.
Nur Gutes
Ihr
Konstantin Manthey