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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 17. Juni 2020
- Category: Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 88, St. Nikomedes, Steinfurt
St. Nikomedes hat eine lange Geschichte. Seit dem 10. Jahrhundert gab es in Borghorst einen Damenstift. Die Äbtissinnen stammten aus dem niedrigen Adel, die Damen hatten weitreichende Privilegien und lebten nicht in strenger Klausur. Darüber hinaus durfte man auch wieder Austreten und da beispielsweise heiraten. Lange standen die Kanonissen unter dem Schutz des mächtigen Erzbischofs von Magdeburg und nicht des nahen Münsteraner Bischofs. Dies änderte sich erst nach der Reformation seither war die Bindung an das Westfalenbistum ausschlaggebend. Doch trotz der wechselhaften Geschichte bestand das Stift bis zur Aufhebung 1811.
Vorgängerbau
Bis dahin wurde die Stiftskirche aus dem 12. Jahrhundert mehrfach überformt, besonders ab dem 17. Jahrhundert neu gestaltet, später kamen dort noch Barockelemente hinzu. Besonders markant war der beeindruckende Westturm. Um 1885 wird jedoch ein Neubau begonnen (bis 1894). Nun ist die Kirche Pfarrkirche, doch viele Schätze des Konvents sind geblieben. Der Architekt war Hilger Hertel d.Ä. (1831-1890) er hatte am Kölner Dom gelernt und war ab 1857 Diözesanbaumeister in Münster. St. Nikomedes zählt zu seinem Spätwerk.
Der Kirchenbau
Die Dreischiffige Hallenkirche weist übrigens mit 99 Metern den Dritthöchsten Kirchturm des Münsterlandes auf. Darüber hinaus ist ein hochwertiger neugotischer Bau entstanden.
Davon zeugt jedenfalls die geschickte Lichtführung im Innenraum. Ein 5/10 Chorabschluß bildet überdies die Ostseite des Baus, zusammen mit zwei Seitenapsiden. Ein Pseudoquerschiff bildet die Vierung, pseudo weil es nicht über die Seitenwände des Kirchenschiffs hinausragt. Imposant steht der Bau auf dem Platz, außerdem umgeben von ehemaligen Stiftsgebäuden. In einem davon ist das Heinrich-Neuy-Bauhaus-Museum untergebracht.
Ausstattung
Zur Ausstattung der Nikomedes-Kirche gehören sowohl Bildwerke aus der Vorgängerkirche als auch historistische Ausstattung.
Beispielsweise eine Unterweisung Mariens durch Anna, aus der Zeit um 1450/70.
Ebenso interessant ist die Gestaltung des Hochaltars von 1941, das Retabel ist eine Messingtreibarbeit mit verschiedenen Szenen des Lebens Jesu.
Neben dem Kanzelkorb ist dort auch der Franziskus-Altar von 1896 des Bildhauers Bolte nach Entwürfen des Architekten Hertel spannend. Besonders wertvoll sind allerdings die für normal in der Stiftskammer ausgestellten Stücke aus dem Besitz des Kanonissinnenkonvents.
Hervorzuheben ist vielmehr das, zwischenzeitlich gestohlen gewesene, Borghorster Kreuz(reliquiar), eine Goldschmiedearbeit des 11. Jahrhunderts. Es lässt immerhin die Frömmigkeit und Pracht des Hochmittelalters wieder aufleben. Sein Kern ist indes eine Kreuzreliquie. Ferner wird die Stiftskammer derzeit neu konzipiert.
Schluss
Die Kirche St. Nikomedes, deren Patron übrigens ein Schüler des Petrus und früher Märtyrer war, ist ein beeindruckender Bau. Als ich dort war, zog es mich sogleich in den Raum hinein. Dabei habe ich mir erst später die Frage gestellt ob der Bau historistisch oder historisch war. Für mich ein Beleg wir gut Neugotik den mittelalterlichen Vorbildstil gebrauchen konnte, wenn nur ein Meister am Werk war.
Weiterleitungen
Die Reihe: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Die Seite der Gemeinde: https://www.st-nikomedes.de/