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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 28. September 2020
- Category: Kirchenbau, Kirchenporträts
Betender Riese. 90 Jahre Kirche Heilige Familie
Am 28. September 1930 wurde der Betende Riese, die Friedensgedächtniskirche zur Heiligen Familie durch Bischof Dr. Christian Schreiber, geweiht. Schnell erhielt der Bau von Carl Kühn im nördlichen Prenzlauer Berg den Spitznamen „Der Betende Riese am Humannplatz“. Dieser Bau war als starkes katholisches Zeichen im Arbeiterbezirk geplant. Der Architekt Carl Kühn (1873-1942) wurde im Weihejahr zum Diözesanbaurat des errichteten Bistums Berlin. Geld kam übrigens vom Gesamtverband der Katholischen Kirchengemeinden Groß-Berlins. Es musste sparsam gebaut werden. Nichtsdestotrotz wurde nicht an der Außenwirkung des roten Backstein-Baus nicht gespart.
Außenwirkung
Der gut 40m Hohe Turm ist von der Straßenfront der Kirche leicht zurückgesetzt. In seiner Figur wurde er ebenso nach oben durch Abstufungen verjüngt. Trotzdem entstand bereits kurz nach der Weihe der Begriff: Betender Riese am Humannplatz. Die gesamte Vorderseite des Sakralbaus ist eingebettet in eine Häuserzeile. Neben dem Pfarr- und Gemeindehaus sowie einem Mietshaus, zur rechten der Kirche, wurden Ladengeschäfte eingerichtet. Dort sollten auch katholische Angebote eine soziale Wirkung in den Kiez entfalten. Ebenfalls entstand ein Pfarrsaal im Hof des Komplexes. Jedoch wurde die Kirche zuerst fertiggestellt.
Innenraum
Im Inneren realisierte Kühn dort eine weiterentwickelte Bauform. Vorher setzte er bei großen Kirchen vorrangig auf Zentralbauten. Obschon bereits bei Christus König in Berlin-Adlershof (1929, interner Link) zu einer basilikalen Form zurückgekehrt, verfeinerte der Baurat nun diese Wirkung.
Das Hauptschiff ist mit 16 mal 24 m² ein fast quadratisches Rechteck, erhielt jedoch eine eindeutige Richtung. Wobei Kühn eine Leichtbau-Tonnendecke für dieses Mittelschiff konstruierte. Dort wurden auch die Sitzbänke untergebracht, während die schmale Seitenschiffe vor allem als Umgang dienten.
Weiterhin brachte er die Motive des Hufeisens in den Portalbögen mit dem des Parabelbogens im Obergaden zusammen.
Ausstattung
Der gesamte Innenraum zeugt von innovativen Ideen. Das ist umso mehr interessant, da ein erster Entwurf wesentlich stärker historische Kirchenbaumotive und vermutlich auch das Werk seines Lehrers und Mentors Christoph Hehl rezipierte. Anfänglich war ein niedersächsischer Stützenwechsel geplant (interner link), d. h. die rhythmische Mischung von 2 Säulen und gerahmt durch Pfeiler zwischen den Schiffen.
Dafür finden sich in der vollendeten Kirche nun eckige Backsteinstützen mit vergoldeten vertikalen Klinkerbändern.
Bauzeitlich war darüber hinaus die Kirche wesentlich dunkler als heute. Alles zielte dort auf den Hochaltar mit goldenem Retabelrelief. Dort war der lehrende Jesus von seinen Eltern flankiert das Hauptbildwerk.
Auch die weitere Ausstattung war schlicht und qualitätsvoll wie die 1935 fertiggestellten Bronzereliefs des Kreuzwegs, ebenfalls von Josef Dorls. Beeindruckend sind ferner die Reliefplatten der Kanzelschauseite, deren Brückenform singulär ist.
Ohnehin befinden sich heute im Kirchenraum Fenster aus den 1960er Jahren. Durch den Künstler Friedrich Koller wurde zudem 1992/93 eine neue Altarinsel geschaffen. Kurz nach dem Krieg wurde weiterhin die stark farbige Fassung überstrichen. Nach längerer Diskussion wurde diese jedoch nicht wieder hergestellt. Seit 2016/17 ist die Kirche in hellem gelb frisch renoviert worden.
„Kühns Kirchenbau ist dem 20. Jahrhundert verpflichtet, er bleibt ein Bau der Neuen Sachlichkeit, belebt von eigenwilligen expressionistischen Details […]“.
(Christine Goetz, Der betende Riese am Humannplatz, Berlin 2005, S. 14)
Links
Die Seite der Gemeinde: https://www.heiligefamilie-berlin.de/index.php
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