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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 24. Mai 2020
- Category: Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 64: St. Antonius, Schneidemühl /Piła
Schneidemühl hatte mit St. Antonius kurzzeitig eine moderne Hauptkirche. Es war der Sitz der Freien Prälatur, eines katholischen Verwaltungsgebiets. Dabei entstand eine Inkunabel der Moderne. Die Neuaufteilung polnischer Gebiete nach dem 1. Weltkrieg wirkte sich anfangs durchaus für die Kirchliche Struktur schwierig aus. Schließlich konnte mit der Freie Prälatur Schneidemühl eine Form gefunden werden. Dass die Stadt an der Küddow, welche heute Piła heißt, Zentrum dieses Kirchengebiets wurde ist dem 2. Prälaten Maximilian Kaller zu verdanken. Dort wurde die Kirche 1930 eingeweiht. Kaller war vorher Pfarrer an St. Michael Berlin und ein vorzüglicher Organisator. Daher wurde er nach vier Jahren im Amt, 1930 zum Bischof des Ermlands.
Baugeschichte
Somit erhielt Schneidemühl eine neue Pfarrstruktur aus drei einzelnen Pfarreien (vorher nur St. Johannes). Dafür mussten neue Gebäude errichtet werden. Zudem kam die St.-Antonius-Kirche hinzu. Ein ehrgeiziges Projekt, das mindestens 310.000 RM gekostet hat (viel Geld für Diasporakirchen). Auf jeden Fall gewann Prälat Kaller, den damals sehr bekannten Hans Herkommer (1887-1956) aus Stuttgart für das Projekt.
Herkommer baute konsequent mit Eisenbeton. Somit waren keine Stützen im Innenraum nötig, wenn man längere Strecken überbauen wollte.
Hinzu kommt eine auf die Ecklage des Grundstücks hin angepasste Eingangssituation mit sehr hohen Rundbogenarkaden sowie einem Kreuz über Eck. Kurz zuvor stellte er sein Projekt einer Frauenfriedenskirche in Frankfurt am Main fertig. Auch dieses Projekt war hochkarätig und teuer. Hier wie dort brauchten die Bauherren Hilfe, um die Schulden abzutragen. Dafür griff mehrfach der Bonifatiusverein helfend unter die Arme.
Baustruktur und Kirchenraum
In Schneidemühl entstand eine hoher, lichter Raum. Im Inneren erzeugte eine Abstufung zwischen den Längsbindern ein basilikale Dreischiffigkeit jedoch ohne Pfeiler im Raum. St. Antonius weist kleine Fenster als Obergaden auf. Lamellenartige Balken oder Streben an der Mittelschiffdecke strukturieren den Raum und haben sicherlich akustische Funktion.
Das monumentale Kreuz ist 7 Meter und aus dem altem Bühnenholz der Oberammergauer Passionsspiele gemacht. Darüber hinaus wurde das Holz dann mit Bronzeplatten beschlagen Meister des Werks ist Berthold Müller-Oerlinghausen (1893-1979), einem Schüler von Hans Perathoner aus Berlin. Ein rundes Oberlicht sorgt zudem für die effektvolle Beleuchtung.
Die Ausmalung, u.a. der Kreuzweg an der Seitenwand stammt von Willy Oeser (1897-1966). Auch Schneidemühl wurde in den letzten Kriegstagen zur Festung erklärt. Trotzdem wurde St. Antonius nicht zerstört. Bis heute sind offensichtlich nahezu alle Ausstattungen erhalten.
Würdigung
St. Antonius ist eine Kirche mit der ich mich verbunden fühle. Es ist die Heimatkirche meines Großvaters gewesen. Ich selbst wollte in drei Wochen dorthin fahren, doch dies muss nun verschoben werden. Doch die Bekanntheit der Kirche und die vielen Bilder deuten darauf hin, dass diese Kirche ein Juwel der Kirchenbaumoderne ist, welches man bis heute besuchen kann.
Mittlerweile ist hier ein Franziskanerkloster angesiedelt, doch das passt ja wunderbar zum Patron den Franziskanermönch Antonius von Padua.
Weiteres im Netz
Die Reihe #täglicheKirche im Überblick: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Seite des Heimatkreis Schneidemühl e.V. mit einer Geschichte der Stadt http://www.schneidemuehl.net/geschichte-der-stadt.html
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