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11.XXII: Herz Jesu Lübz – 100 Jahre

Herz-Jesu in Lübz ist eine kleine Diaspora-Kirche. Sie entstand in der Ackerbürgerstadt Lübz – übrigens feiert man die 100 Jahre mit einem Pontifikalamt. Dort an der Elde errichtete einst Herrmann von Brandenburg kurz nach 1300 eine erste Feste. Später wurde diese Eldenburg zum Schloss aus gebaut. Die Herren wechselten und im 18. Jahrhundert errichtete man erste Schleusen. Somit begann regulierte Schifffahrt. Im 19. Jahrhundert kamen dank der Wasserstraße und dem Eisenbahnanschluss industrieller Aufschwung. Firmen wie beispielsweise die Brauerei, Molkereien und die Zuckerfabrik siedelten sich an. Die Stadt wuchs folglich über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus. Mit den verarbeitenden Betrieben kamen Arbeiter aus Polen sie und die Saisonarbeiter bildeten den Kern der Kirchengemeinde.

Geschichte der Gemeinde

Anfänglich, ab 1900, gab es monatlich die Heilige Messe. Ab 1921 wurde der Gottesdienst häufiger. Geistliche aus Parchim, gut 15 km entfernt, versorgten die Lübzer Katholiken. Als Räume mietete man zuerst ein Tanzsaal, zeitweise nutzte man den Speiseraum in der Zuckerfabrik. Ein Zeitungsartikel, der übrigens in katholischen Regionen erschien, um Gelder zu sammeln, berichtete über die „Kirchennot“ von Lübz. Dort hieß es u.a., dass Tanzveranstaltungen und unsittliche Kinovorführungen bis 6 Uhr Morgens dauerten. Danach beeilte man sich den Saal herzurichten um nach dem Beichte-hören die Messe feiern zu können. Darüber hinaus wurde die Miete erhöht und man konnte sich selbst diesen Raum nicht mehr leisten. Dabei waren es schon anfangs bis zu 700 Katholiken, später durch den Zuwachs aus Schlesien an die 1000 Seelen, ohne eigenen Kirchenraum. Also sammelte der Pastor von Parchim Almosen zum Bau einer Kirche.

Außenansicht, historische Postkarte, Q: PfAr Herz Jesu Lübz

Baugeschichte von Herz Jesu Lübz

Darüber hinaus hilft die Stadt Lübz mit dem Grundstück in der Kreiener Straße am Rande der Stadt. Dort befanden sich neben kleinen Wohnhäusern auch Lagerräume. Schließlich benedizierte Bischof Wilhelm Berning aus Osnabrück am 26. November 1922 die einfache Kirche. Den Entwurf dazu lieferte Architekt J. Seidensticker aus Bad Oldesloe, die Bauleitung hatte Vollrad Wiese aus Lübz. Geweiht wurde die Kirche dem heiligsten Herzen Jesu und als Nebenpatronin die Hl. Maria. Magdalena Etliche Firmen aus der Umgebung bauten an der Kirche mit. Die Gemeindeglieder spendeten, unterstützten die evangelischen Christen das Projekt. 1923 kam ein kleiner Glockenträger als Dachreiterturm hinzu. In der ersten Dekade war die Herz-Jesu-Kirche kaum ausgeschmückt und wohl nur mit dem Notwendigsten ausgestattet. Wie so oft bei Kirchenbauten in der Diaspora reichte das gesammelte Geld, sowie die Unterstützung des Paderborner Bonifatiusvereins, ohnehin nur für den Außenbau.

Innenansicht, vermutlich vor der Ausmalung 1932, gut erkennbar sind die Schäden an der Wand (rechts),
historische Postkarte, Q: PfAr Herz Jesu Lübz

Der Kirchbau und seine Ausgestaltung

Schließlich entstand ein einfacher Saalbau. Der mit Backsteinfassade in einfacher Gliederung ausgeführt wurde. Im Inneren zog der Baumeister den Mittelteil in das Dach hinein. Immerhin entstand so ein hohes „Hauptschiff“. Hingegen wurden die niedrigen Bereiche jenseits der Holzstützen zu Seitenschiffen. 1932 kam es durch eine Spende des Barons von Treuenfels zur Ausmalung der Kirche und Gestaltung der Fenster im Chor und unter dem Empore. Eine weitere Gönnerin ermöglichte einen Hochaltar von A. Becker aus Wiedenbrück.

Kirchenbänke und Ausstattung für den Unterrichtsraum kam aus Essen. Dort errichtete in den späten 1920er Jahren der Kolpingverein eine Werkstatt für arbeitslose Handwerker. Viele Diasporagemeinden erhielten dadurch ihre Möbel. Schon 1940 malte übrigens ein Maler aus dem Emsland die Kirche erneut aus. Welches die genauen Gründe dafür waren bleibt unklar, vielleicht waren erneut Feuchteschäden aufgetreten. In den 1950er Jahren kam das Grundstück hinter der Kirche hinzu. Dort entstand ein Pfarrhaus, 2013 wurde dafür ein kleines Gemeindezentrum errichtet. Ab 1952 war ein eigener Seelsorger vor Ort. Aufgrund der durch Flüchtlinge angewachsenen Gemeinde. Mittlerweile gehört Lübz wieder zur Gemeinde in Parchim.

Blick in die Kirche, Foto: K. Manthey, 2021

Umgestaltung nach dem Konzil

Infolge der Veränderungen durch das Zweite Vatikanische Konzil, nach 1965, wurde Herz Jesu ebenso umgestaltet wie nahezu alle katholischen Gotteshäuser. Der Künstler Rudolf Brückner-Fuhlrott (1908-1984) schuf das Mosaik an der Chorwand. Es zeigt den zweifelnden Thomas, als er Christus erkennt. Dafür setzte man die Altarrückwand nach hinten und mit Oberlicht und Seitenlichtern ausgestattet. Somit erhielt das Altarbild indirektes Tageslicht.

Der Altarraum mit dem Mosaik, Foto: K. Manthey, 2021

Ebenso stammt der Tabernakel mit der Inschrift „Christus Sieger, Christus König, Christus Herr der Welt“ , die Marienfigur und die Leuchter vom Ahrenshooper Künstler. Darüber hinaus stammt der Kreuzweg aus Ölgemälden von Brückner-Fuhlrott. Auf der kleinen Empore stellte man ferner 1959 eine Orgel mit 10 Registern der Dresdener Firma Jehmlich auf. Darüber hinaus wurde die Kirche in den letzten Jahren saniert. Schließlich ist der Sakralbau nun mit einem überdachten Gang mit dem Gemeindezentrum verbunden.

Würdigung von Herz Jesu Lübz

Mir gefällt an Herz Jesu Lübz und ähnlichen Kirchen: Sie zeugen vom Aufbruchswillen und Aufbaugeist der Katholiken in der Diaspora. In einer Zeit in der die Wirtschaft am Boden lag, gründeten Gläubige Gemeinde – oft auch ohne Priester. Es entstanden schlichte, würdige Räume, diese waren damals alle Unikate (!) – vom Munde vieler abgespart und mit der Hilfe ebenso vieler erbaut. In Zeiten von Kirchenschließung, ist es für mich wichtig sich diese Geschichte, unsere Traditionslinie, zu erinnern (daraus könnten wir etwas lernen).

Die Herz-Jesu-Kirche ist heute ein freundlicher, heller Ort. Sie wirkt wesentlich einladender als es die historischen Aufnahmen vom einstigen Raum vermuten lassen. Menschen brauchen Orte zum Zusammenkommen und zum zur Ruhe kommen, dies sehe ich in Lübz bis heute. In der Peripherie erscheint es mir wichtiger als in der großen Stadt. Eine Richtungsentscheidung auch für die Oberen von heute wie ich finde.

Ich finde Herz Jesu Lübz hat mit hundert noch sehr viel ungenutztes Potential und erscheint mir ein guter Ort um Gott zu begegnen und ihn zu feiern ohne falschen Pomp – also ganz mecklenburgisch. Irgendwie so wie der mecklenburgischen Volkskundler Richard Wossidlo sagte: „Kopp klüftig, Hand driftig, Hart warm, kann nich verdarben.“ Ich wünsche der Gemeinde und der Kirche Herz Jesu noch viele gute Jahre zur Ehre Gottes!

(Die Würdigung ist mein Grußwort zum heutigen Festtag)

Links zum Thema

Die Seite der Gemeinde auf der Homepage der Pfarrei:
https://pfarrei-heilige-birgitta.de/100-jaehriges-Jubilaeum-der-Kirche-Luebz__13939

Eine Berliner Kirche mit Wiedenbrücker Ausstattung

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