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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 13. Januar 2015
- Category: Uncategorized
St. Antonius im Friedrichshain und der Altar von Georg Schreiner
Ursprünglich wollte ich nur den Altar von St. Antonius von Georg Schreiner präsentieren.
Dieser Altar jedoch prägt einen ganzen Kirchenraum bis heute. Also wird drumherum ebenfalls berichtet. Wenn man in Berliner Kirchenbaugeschichte hinein piekt, kommt eben mehr heraus.
Eine interessante Geschichte bietet die heutige Kirche St. Antonius im Berliner Friedrichshain.
Es war eine Tochtergründung (ab 1915 Pfarrei) der Großgemeinde in der Frankfurter Vorstadt, St. Pius, welche um 1900, 20000 Katholiken zählte. Ihr erster Pfarrer war der spätere Breslauer Domherr und wichtige Gemeindegründer und Kirchenbauer, Wilhelm Frank (link zum Wiki-Eintrag).
St. Antonius war ursprünglich eine Gaststätte, die 1898 zu einem katholischen Arbeiter-Vereinshaus umgebaut wurde. Der Baumeister dieses Umbaus war Hermann Bunning. Bereits zu diesem Zeitpunkt kam eine Kapelle dazu, die heutige, von außen gut sichtbare Antonius-Kapelle.
Damals erhoffte man sich aufgrund der Nähe zum Bahnhof, wo viele Neuberliner ankamen, eine fruchtbare pastorale Arbeit in Form einer katholischen Arbeiterfürsorge.
Ansichtskarte von 1899, gut zu erkennen der 1970 abgetragene Anbau, der Kapellenchor und der Leo-Saal Q: http://www.ebay.com.au, nachbearbeitet |
Zumindest wirtschaftlich war dieses Unternehmen kein Erfolg. So wurde zwischen 1909 und 1914 der große Festsaal zur Kirche umgebaut. Die Raumgestalt erhielt man. Christliche Ausmalung und Ausstattung wurden hinzugefügt und so entstand eine Kirche.
Der Bedarf in dem neuen Viertel rund um den Schlesischen Bahnhof (heute: Ostbahnhof) war hoch. Mit dem Anwachsen Berlins, stieg auch die Seelenzahl stark an und eine weitere Pfarrkirche wurde nötig.
Die 1914 entstandene Kirche Q: PfrArchiv St. Antonius |
undatierter Entwurf zu einem barocken Altar Q: PfrArchiv St. Antonius |
Sicherlich wollte der Pfarrer ein herausragendes Kunstwerk. Weswegen er auch auf einen erfahrenen Künstler zurückgriff, der zeitgemäß aber nicht zu modern arbeitete.
Zumindest eine älterer Entwurf von unbekannter Hand ist bekannt, der nicht realisiert wurde und wohl auch nicht sollte.
Pfarrer Josef Baron fragte bei dem akademischen Bildhauer Georg Schreiner (geb. 1871) aus Regensburg (zu dieser Zeit in München) an.
Dieser hatte in München studiert und vor allem in München und Regensburg gewirkt. Und bracht prominente Referenzen wie den Regensburger Bischof mit.
Es kam ein reger Briefwechsel auf, der längst nicht ausgewertet ist.
In einem einem Artikel zur Altarweihe spricht Kaplan Roschkowski von einem „Meisterwerk der Altarbaukunst“ mit dem die „moderne christliche Kunst“ nun auch im Diaspora-Berlin Einzug hielt.
Farbiger Entwurf von Georg Schreiner zum Altar, zwischen Barock und Renaissance, |
Realisierter Hochaltar in St. Antonius (dicht am Farbentwurf), nach 1924 Q: Bildarchiv der Kunstbeauftragten des Erzbistums Berlin |
Es war Wilhelm Fahlbusch, der um 1924 die Kirche erneut umbaute, die Emporen und die Malerei entfernte. Er wurde dabei von seinem Freund, dem Maler Heinrich Schelhasse unterstützt.
So entstand ein klar gegliederter Raum, der sich zu dem 1921, von Georg Schreiner, aufgestellten Hochaltar hin orientierte. 1928 kam eine Kanzel hinzu.
Altar der Karmeliterkirche Q: PfrArchiv St. Antonius |
Bewundernswert auch ist die Art des Altares. 1922 lieferte Schreiner ein im gotischen Stil gehaltenen Altar für Corpus Christi (Link zu einem Text über den Choraltar in Corpus Christi), einer Neugotischen Kirche im Berliner Prenzlauer Berg. Der wegen seines Traditionsbewusstseins geschätzte Künstler, schuf den Altar für St. Antonius. Hier jedoch gestaltete ein, zwar in der kirchlichen Bildtradition stehendes, jedoch sehr zeitgemäß wirkendes Kunstwerk. Vor allem die Gestaltung der lebensgroßen Figuren erinnert an die zeitgenössische Kunst der 1920er Jahre.
Wie es erst recht später (1952), bei der Alleinstellung der Figurengruppe deutlich zum tragen kam.
Ob die Gestaltung des Altares den Absprachen mit dem durchaus „modern“ arbeitenden Fahlbusch zu verdanken ist, auf die Briefe im Pfarrarchiv hindeuten, oder ob der Bildhauer von sich aus diese Facette anschlug bleibt unklar. In vielen Stilen erfahren war Schreiner.
Ein Vorbild war der Altar in der Karmelitenkirche in München den Schreiner schuf und von dem er Bilder an den Pfarrer sandte.
1952 wurde der Altar vereinfacht und die architektonische, verspielte Umrahmung entfernt. Dies geschah während der Wiederaufbauarbeiten aufgrund des Bombenschadens von 1944.
Vereinfachter Altar, nach 1952, Nun konzentriert sich alles auf Jesus, der zu den Menschen kommt. Q: Bildarchiv der Kunstbeauftragten des Erzbistums Berlin |
Im Rahmen der Umbauarbeiten wurde zwischen 1970 und 76 durch Alfons Bittner (er gestaltete auch Hl. Dreifaltigkeit am Ostkreuz), im Zuge der Neugestaltung nach dem 2 Vatikanum auch die Ausrichtung der Kirche verändert und neue Fenster eingebaut.
Aktueller Zustand seit der Umgestaltung von 1970 Foto: K. Manthey, 2014 |
Bereits aufgrund der Umnutzung ab 1909 ist St. Antonius eines der letzten Beispiele von Behelfen und „Notlösungen“. Die Neuausrichtung durch Bittner macht diese Kirche erst recht zu einer Besonderheit in der katholischen Berliner Kirchenbaulandschaft.
Weitere Informationen:
Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/St.-Antonius-Kirche_(Berlin)
Seite der Gemeinde:
http://www.st-antonius-pius.de/
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