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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 1 Dezember, 2025
- Category: Kalender, Kirchenporträts
St. Petrus in Leegebruch 2/2 (2025-01)
St. Petrus in Leegebruch ist ein herausragendes Beispiel für die Realisation von Kirchenbauprojekten in der frühen DDR. Zwar war es schon etwas besonderes, dass 1946 die Vorgänger-Kapelle der Gottesmutter geweiht werden konnte, denn Mittel und Möglichkeiten waren vor allem in der SBZ sehr begrenzt. Dennoch kam es in der frühen Phase der DDR, vor dem Mauerbau, zu kirchlichen Bau-Vorhaben. Wie es ebenso der Bau der heute 70jährigen Petrus-Kirche zeigt. Im 2. Teil über die Leegebrucher Katholiken und die Entstehung der schon vor dem Zweiten Weltkrieg für die Werkssiedlung der Heinkel-Werke geplante Kirche geht es heute. Zwar war der ursprüngliche Grund das Rüstungswerk mit dem Krieg vergangen, doch die junge Orts- und Kirchen-Gemeinde blieb auch unter den neuen Bedingungen bestehen.
Der Weg zur Kirche

Foto: Archiv St. Petrus Leegebruch/ P. Erbe
Unter Pfarrer Kurt Grunschewski kam es zum Entschluss das Kirchenbauprojekt wieder aufzunehmen. 1952 kommt ein Neuer, Pfr. Krause, der leider krankheitsbedingt nur bis 1954 bleibt. Daher steht als Hauptamtliche vor allem die Gemeindeschwester Maria Margarita für den Kirchenbau ein. Besonders geeignetes Baumaterial zu bekommen war ein Problem. Die Leegebrucher Katholiken und ihre Unterstützer bettelten überall. Viele Baustoffen holten die Leute gemeinsam aus den Ruinen der Heinkel-Werke. Dabei hilft auch Schwester Margarita. Außerdem brauchte es einen geeigneten Architekten, der in den 1950er Jahren in der Ostzone eine katholische Kirche realisieren konnte.
Beteiligte Architekten
Ende 1953 ist der bekannte Berliner Kirchenarchitekt Wilhelm Fahlbusch (1877-1962) mit Entwürfen noch im Rennen. Schließlich wird es 1954 Dr. Karl Fleckner aus Erfurt. Warum es Fahlbusch nicht wurde ist, unklar. Ein Schreiben vom Januar 1954 benennt ihn als bereits vor dem Krieg mit dem Projekt bekannten Architekten. Gut möglich, dass Fahlbusch es gesundheitlich nicht leisten konnte. Ebenso ist es möglich, dass er als Westberliner nicht in der SBZ arbeiten durfte. Denn das Projekt musste durch einen DDR-Kontrollgremium abgesegnet werden. Es wurde Karl Fleckner, der zugleich Bauunternehmer war und wohl auch Ressourcen heranholen konnte. Zunächst sollte ein Pfarr- und Schwesternhaus entstehen. Doch das kam trotz neuer Entwürfe von 1955 nicht zustande. Auch am Turm gab es Kritik seitens der Kontrolleure.

Über Karl Fleckner
Zu Karl Fleckner wissen wir noch nicht alle Einzelheiten. Er stammt aus Erfurt, wurde 1893 dort geboren und wirkte dort in der Region. Neben seiner Tätigkeit als Architekt (Dipl.-Ing.) und Bauunternehmer erlangte er einen Dr. phil. Ob es sich dabei um eine Arbeit aus Gießen von 1924 handelt: Wirtschaftliche Untersuchungen über die hessische Feldbereinigung, ist unbekannt. Schließlich wirkt er in Erfurt. Dort war er u.a. im Kirchenvorstand von St. Lorenz aktiv und 1947 in der frühen CDU tätig. Da er 1953 das Kapellchen mit dem Schönstattheiligtum in Friedrichroda erbaute, dem Hauptsitz der Schönstätter Marienschwestern, kann die Anregung zu diesem Architekten durchaus vom Leegebrucher Konvent gekommen sein. In den 1950er Jahren gehen auf Fleckner weitere Kirchenbauprojekte im Bistum Erfurt und der DDR zurück.

Q: ZR EBO
Allesamt schlichte rechteckige Bauten mit flankierendem Seitenturm. Bekannt sind: St. Georg und Juliana, Küllstedt (Eichsfeld, 1931), Schönstätter „Kapellchen“ in Friedrichroda (1954), St. Petrus, Leegebruch (1955), St. Antonius Erfurt-Gispersleben (1956), Mutterschaft Maiens Meerane (b. Zwickau, 1966). Sicherlich war es hilfreich, dass der Architekt eine eigene Baufirma hatte somit konnte einige Wege verkürzt worden sein.
Der Kirchbau

Das Hedwigsblatt die katholische Kirchenzeitung für den Ost-Teil des Bistums Berlin schrieb über die Grundsteinlegung:
[…] fast 7000 Einwohner, darunter knapp 1500 Katholiken […] Erst am vergangenen Sonntag, am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, konnte Prälat Adolph den Grundstein für die neue „Herz-Mariä-Kirche“ legen.

Q: Bildarchiv Peter Erbe, Leegebruch
Und im Petrusblatt der Zeitung für West-Berlin stand über die Weihe der Kirche dann:
„Die St.-Petrus-Kirche in Leegebruch beherrscht jetzt das Bild des Ortes. Während der Innenraum vollendet ist, so daß die Kirche von Bischof Weskamm am 22. Mai konsekriert werden konnte, wird die äußere Vollendung des Gotteshauses noch einige Zeit beanspruchen.“
Nun war aus einer Marienkirche eine des Petrus geworden. Noch im Grundstein war das ursprüngliche Patrozinium, welches auch die Vorgängerkapellen trugen benannt. Die Weiheurkunde durch Bischof Wilhelm Weskamm erstellt benennt den heiligen Petrus, ersten der Apostel. Es war wohl so, dass der Bischof sich eine Petrus-Kirche wünschte, da es solch eine im Bistum noch nicht gab, also fügte sich die überrumpelte Gemeinde.

Entstanden war eine schlichte Kirche. Außen verputzt mit Portalturm an der Seite und einer kleinen herauskargenden Nische an der Außenseite des Chores für den Eingelassenen Tabernakel.

Die massive Holztür weist eine Inschrift aus geschmiedeten Buchstaben auf: „PORTA CAELI“ (Himmelspforte). Durch einen Vorraum betritt man die Kirche. Der einschiffige Saal mit flacher Decke und Wandpfeilern mit Durchgängen ist zurückgenommen würdevoll. Dabei erzeugt die zur Mitte des Raumes höhere Decke eine basilikale Untergliederung in zwei Seitenschiffe und ein Hauptschiff. Der Altarraum ist eingezogen und hat an der einen Seite die angefügte Sakristei.

Die doppelten Rundbogenfenster haben Pastellverglasung und der Altar ist bereits freistehend. Trotz der noch gepflegten lateinischen Messe mit dem Rücken zum Volk bei Sakralbauten jener Jahre nicht selten anzutreffen. Gut möglich, dass man bereits der liturgischen Erneuerung vorgriff.
Die Ausstattung der Kirche

Die Ausstattung der St.-Petrus-Kirche in Leegebruch war sehr geometrisch gehalten. Dies war sicherlich der Erbauungszeit und der Sparsamkeit damals geschuldet. Zudem kam wohl noch der Schrecken des Krieges hinzu, viele Künstler und Akteure der Dekade nach 1945 wollte keine Bilder mehr erzeugen. Heute findet sich an der Altarwand wieder das ursprüngliche Dreieck mit je drei Strahlen an jeder Seite, diese durchdringen die Schenkel. Dieses Werk steht für den dreieinigen Gott.

Zwischenzeitlich war dort ab 1981 ein schlichtes Kreuz nach dem Entwurf des Berliner Architekten Dr. Patzelt, vom Gemeindemitglied Herr Wolf gearbeitet, angebracht. Darunter in der Wand eingelassen befindet sich die Tabernakelzone. Gerahmt von Goldmosaikstücken die ähnlich einem Würfelparkettmuster angeordnet wurden ist dort der eingelassene Tabernakel das Zentrum. Auf seiner Tür steht auf vier Feldern, die ein Kreuz umgeben die Botschaft „salus populi ego sum“ (Ich bin das Heil des Volkes).

Auf dem freistehende Altarblock mit Rochlitzer Porphyr verkleidet, befinden sich Leuchter und Kreuz von der Firma Adolf & Sohn aus Burg bei Magdeburg. Sie stammen aus der Erbauungszeit. Ebenso wie der Osterleuchter und der Ambo.
Weitere Ausstattung in St. Petrus


Die Marienfigur aus Holz wird dem Görlitzer Künstler Dr. Georg Nawroth (1911-88) zugeschrieben. Die Petrusfigur aus Gips stammt aus der Zeit um 1910. Der Kreuzweg aus den 1980er Jahren besteht aus Kupfer getriebenen Reliefs des Potsdamer Künstlers Helmut Hesener.

Die Orgel wurde von der Orgelbauanstalt Schuke aus Potsdam, 1964, gebaut. Der Prospekt (Entw. Fritz Leweke, Halle) ist über Eck gestellt. Somit konnte das Emporenfenster frei blieben.

Das Instrument weist 15 Register, verteilt auf 2 Manuale und Pedale, auf. Trotz der verhältnismäßig geringen Registeranzahl soll die Orgel vielseitig musikalisch einsetzbar sein. Dies wird durch Konzerte im Sommer immer wieder unter Beweis gestellt. Die Glocken kommen aus Apolda. Sie weisen folgende Inschriften auf: „IMMMACULATUM COR BEATAE MARIAE VIRGINIS ORA PRO NOBIS “ (Unbeflecktes Herz) der Jungfrau Maria bitte für uns), dies ist eine Erinnerung an das angedachte Patrozinium. Die große Glocke aus dem Erbauungsjahr der Kirche heißt „GLORIA DEI“ (Ehre Gottes)
Würdigung der Kirche St. Petrus in Leegebruch
St. Petrus ist allein deswegen besonders, da sie das Ergebnis eines lange währenden Plans darstellt. Die Kirche einer Siedlung, deren Hauptbestimmung mit dem Krieg untergegangen war. Einer Dorfgemeinschaft mit vielen Katholiken, einer Kuratiegemeinde, die die meisten Kinder im Bistum Berlin aufwies! Als der Bau entstand, 1955, war eine kurze Phase der Entspannung in Kirchenbaufragen, kurz vor der Ära Ulbricht in der DDR. Zudem ist die Kirche mit ihrer schlichten Art und beeindruckenden Wirkung heute erst recht ein Zeichen für eine einfache Kirche. Angelehnt an die Bauformen der Romanik hat dieser Bau ein Hauch von Unvergänglichkeit. Noch kümmern sich Menschen dort vor Ort um ihr heimliches Wahrzeichen. Noch gibt es dort regelmäßige Gottesdienste. St. Petrus bleibt darüber hinaus ein Haus Gottes, das gefüllt werden sollten und kann. Vielleicht sogar heute mehr als vor 70 Jahren!

Verwendete Quellen
Gisbert Augsten: Die katholische Kirchen St. Petrus Leegebruch (= Heft 2 Leegebrucher historische Blätter), 2005
Infoblatt der Katholischen Kirche St. Petrus
Matthias Brühe und Harald Schwillus: Das Erzbistum Berlin, 2009.
Kunstinventar von Dr. Christine Goetz, 1999.
Aktenstücke aus dem Diözesanarchiv Berlin, der Zentralregistratur EBO, dem Archiv des Bonifatiuswerks Paderborn, sowie Fotografien aus der Sammlung der Gemeinde und von Peter Erbe.
Weiterführendes
St. Petrus auf den Seiten der Pfarrei:
https://www.maximilian-kolbe-oberhavel.de/oranienburg–leegebruch/standorte/st-petrus-leegebruch
Die Kirche auf den Seiten der politischen Gemeinde Leegebruch:
https://www.leegebruch.de/verzeichnis/mandat.php?mandat=113581&kategorie=26
Die Seiten des Leegebrucher Geschichtsvereins:
https://www.geschichtsverein-leegebruch.de/





