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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 4 Juni, 2020
- Category: Carl Kühn, Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 75, Christus König, Adlershof
In Christus König war gestern die erste Kirchenführung seit Monaten. Drei Mal konnte ich die Kirche dort unter den gegebenen Regeln vorstellen. Heute soll dieser Bau von Carl Kühn von 1929 somit auch hier Thema sein.Immerhin hat der erste Diözesanbaumeister Berlins in Adlershof die Basilika als Bauform wieder entdeckt und schließlich zwei weitere große Kirchen (für Diasporaverhältnisse) errichten können.
Vorgeschichte
Adlershof wuchs seit 1900 als Standort für Industrie, Forschung u.a. Seitdem ein Bahnhof und der Teltowkanal (1906) die Region verkehrmäig erschloß waren die Grundlagen gegeben. Die Bevölkerung steig an. Arbeiter und einfache Angestellte aus katholischen Regionen ergaben um 1910 rund 1000 Katholiken. So stelle dies der zuständige Pfarrer von Köpenick, Christoph Karst fest. Er bemüht sich in der Folgezeit um ein Kirchenbauprojekt.
Dafür liefert der Architekt Paul Franke, der auch die Köpenicker Pfarrkirche St. Josef erbaute hatte zwei Entwürfe. Schließlich kommt das Vorhaben aufgrund des 1. Weltkriegs nicht voran. Jedoch hält der katholischer Bürgerverein Adlershof das Thema im Blick. Nichtsdestotrotz dauert es bis 1927 um einen Geistlichen für Adlershof zugesprochen zu bekommen. Im Frühjahr d. J. kommt Alfred Brinkmann, nach dem 6 Jahre lang Gottesdienst in der zu kleinen Aula der Schule in der Radickestraßen gehalten wurde. Er soll einen Kirchbau voran bringen. Im September 1927 kauft man das heute Grundstück. Die Pläne zur Bebauung stammen vom Baurat der fürstbischöflichen Delegatur Carl Kühn.
Kirchbau
Endlich geht es voran. Es entsteht zuerst eine Baugruppen aus Pfarrhaus und Kirche, dabei ist der breite Querturm in die Häuserzeile eingebaut. Später soll linker Hand ein weiteres Gebäude folgen (interner Link zum Plan des gesamten Ensembles). denn aus den Mieteinnahmen erhofft sich der Pfarrer Mittel zur Kredittilgung, doch dazu kommt es nicht mehr. Entstanden ist ein aus Backsteinen gemauerter basilikaler Kirchenbau.
Dessen Turm erstens eine Erinnerung an Westwerke wie in Havelberg (Urbistum der Mark Brandenburg) erzeugt und der zweitens durch die nach oben hin gestaltete Auflockerung des Backsteinmassivs auf moderne Tendenzen hindeutet. Sowie auch der Portalbereich mit einer Parabelform bereits eine Loslösung der Tradition aufzeigt.
Innenraum und Ausstattung
Ebenfalls kommt die Parabel im Innenraum vor. Die Arkaden zu den Seitengängen sind ebenfalls in dieser Form. Ungeachtet dessen gibt es ebenso Anklänge an die Romanik eine flache Decke im Hochschiff und Fenster im Obergaden sowie in den Seitenwänden mit Rundbogen. Überdies ist die Chorraumwand eine Besonderheit.
Die keramische Gestaltung der Apside des eingezogenen Altarraums ist ein Zeugnis konsequenter Zusammenarbeit von Pfarrer, Architekt und dem jungen Künstler Maximilian Habersetzer. Dies geschah insofern, dass die drei sich in vielen Briefen und Gesprächen austauschten. Endlich kam es zu einer Darstellung die alle überzeugte. Ausgangspunkt war die
„Idee, den Altar zu denken als mystischen Kalvarienberg, der sich erweitert zur gesamten Erde“.
(Brief Pfr. Brinkmann an Habersetzer vom 29.3.1929, PfAR Christus König)
Der Verherrlichte Christus dergestalt, dass er in der Mitte seiner Jünger abgebildet ist. Die Innovation dieser Arbeit war die Fertigung aus gebrannter Keramik. Zur Wirkung der im Dezember 1929, einige Monate nach der Benediktion, fertiggestellten Plastik schrieb die zeitgenössische Presse:
„Die passive Haltung des Raumes ist durch die aktive, gleichsam angreifenden innere Wucht und verhaltene Kraft der Figuren aufgehoben, in ihr Gegenteil verkehrt. Der Raum verschluckt nicht den plastischen Schmuck, sondern er wird durch ihn erst zu einer Bedeutung gemacht.„
(Dr. Meunier, Der Bildhauer Maximilian Habersetzer, in der Tageszeitung Germania, 1931)
Bis heute ist diese Wirkung nachvollziehbar. Obwohl der Altarraum 1970/71 nach den neuen liturgischen Erfordernissen umgestaltet wurde ist die Konzentration des Raumes auf das Relief hin ersichtlich.
Schluss
Viele weitere Dinge sind in dieser Kirche erwähnenswert, doch das würde diesen Rahmen sprengen. Hoffentlich gibt es bald auch ein Video von dem gestrigen Abend. Abschließend ist festzustellen, dass Christus König ein Prototyp für die größeren Kirchenbauprojekte Heilige Familie, Berlin-Prenzlauer Berg und St. Christophorus in Berlin-Neukölln wurde. Auch hier behielt Kühn die Idee der Basilika bei und entwickelte sich einerseits gestalterisch weiter obgleich er eine traditionelle Bauweise verwendete.
Verlinkungen
DIE REIHE: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
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