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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 24. Juni 2020
- Category: Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 95, St. Bonifatius, Bad Belzig
Bad Belzig ist seit 2010 anerkanntes Bad. Doch die erste Erwähnung geschah bereits 997. Mit der erfolgreichen Christianisierung der Heveller, einem Slawenstamm im 12. Jahrhundert kam es zu einer 1. Kirche an der Stelle eines heidnischen Opferortes, die 2. Kirche St. Marien wurde im 13 Jahrhundert errichtet. Auf Anfrage der Eisenbahnbetriebsdirektion gab es dort seit 1911 sporadischen Gottesdienst für 150 Katholiken und mehr als 500 Saisonarbeiter. Denn die Strecke zur nächsten Kirche in Brandenburg wurde von einer anderer Eisenbahngesellschaft betrieben. 1930 kam es zum Grundstückskauf.
Anfänglich gehörten rund 500 Gläubige zur Gemeinde. Mit den Flüchtlingen nach dem Krieg waren es zeitweise 10.000, dafür wurde unterschiedliche Gottesdienststationen eingerichtet, die oftmals von geflüchteten Priestern betreut wurden. Heute liegt die Zahl der Katholiken unter 1000.
Umstände, Außenbau und Architekt
Das Bauprojekt hatte einige Startschwierigkeiten. Zuerst sollte kein Wohnhaus für den Geistlichen mitgebaut werden. Dabei war das Gesamtprojekt mit rund 76.000 RM nicht überteuert.
Zudem liegt das Ensemble an einer Eingangsstraße erhöht. Wohl deswegen durfte dann auch ein kleiner Portalturm entstehen. Obwohl dieser zuerst als zu teuer ebenfalls abgelehnt wurde. Die geschah aufgrund der starken Unterstützung des Bonifatiusvereins in Paderborn, der generell ein Turmbauverbot bei geförderten Sakralbauten hatte.
Folglich ist wohl auch der Geldgeber Anlass für die Wahl des Patroziniums dem „Apostel der Deutschen“, Bonifatius. Die Kirche wurde 1932 geweiht. Der Architekt war kein geringerer als der Brandenburger Stadtbaurat und spätere Professor an der Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg Karl Josef Erbs (1885-1970). Er war angetan vom Neuen Bauen sondern galt auch als Fachmann für ländliches Bauen. Schließlich entstand ein „Reizvolles Ensemble von Kirchenbau und Pfarrhaus zwischen Bauhaus und Heimatstil“ (C. Goetz)
Der Innenraum und seine Veränderungen
Der Innenraum der Kirche ist ein einfacher Saalbau. Der sich zum eingezogenen Chorraum hin ausrichtet. Daran ist ein Sakristeianbau errichtet.
Besonders hervorzuheben sind die Fenster des Glaskünstlers Dr. Egbert Lammers (1908–1996). Sie wurden 1942 eingebaut. Die Firma Puhl und Wagner hat sie gefertigt. Sie zeigen 12 Heilige. Dabei zeigt der Künstler zwar statische Figuren, die ein Fensterfeld nahezu ausfüllen.
Trotzdem gelingt es Lammers vor allem durch die Gesichter lebendige Heilige zu zeigen. Beispielsweise ist Marias Mutter Anna besonders dunkel im Gesicht. Dazu wird kollportiert, dass man ganz bewusst im NS-Staat ein Zeichen gegen den Rassismus setzten wollte, indem auf die globale Tradition der Heiligen hingewiesen wird. Insofern leider auch in unseren Tagen ebenfalls aktuell.
Erste Veränderungen kamen nach dem II. Vatikanischen Konzil in die Kirche, wie beispielsweise das Seitenfenster im Altarraum oder der Tabernakel von Adolph und Sohn (1978).
Weiterhin erfolgten 2012 Umbauten v.a. der Altarraum wurde neugestaltet ebenso die Taufnische, die Entwürfe für Altar, Ambo, Taufstein und Sedilien stammen vom Künstlerpaar Lutzenberger & Lutzenberger.
Fazit
Erbs zählt als Bauhausschüler, trotz des Sparzwangs schuf der Architekt eine ländliche, repräsentative Baugruppe. Die Kirche ist ein schlichter Zeuge der Kirchenbaumoderne. Dessen besondere Strahlkraft das Märtyrerrot der Heiligenfenster in den Raum trägt. Nichtsdestoweniger ermöglicht die Neugestaltung des Chorraums eine aktuelle Liturgie einem kleinen stimmungsvollen Kirchenraum.
Weiteres
Die Reihe: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Seite der Kirchengemeinde: http://www.stbonifatius-badbelzig.de/
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