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21.XXII: Kirchturm, Wustrow Darß

Ein Kirchturm ist schon etwas besonderes. Er ist ein Fernzeichen in Stadt und Land. Selbst als die Türme von Rathäusern und Feuerwehrwachen bedrohlich wurden. Da sie ebenfalls hoch und vielfältig waren, hielten Kirchbaumeister an den Türmen fest. Anders als beim biblischen Turmbau mit dem Sprachegewirr baute man in der Folgezeit, wenn man es sich leisten konnte Türme an oder für Kirchen. D.h. einfache Saalbauten erhielten einen Turm und oft weitere Anbauten. So z.B. durch Karl Friedrich Schinkel und seine Nachfolger in Preußen im 19. Jahrhundert.

Turmfenster in Wustrow, Foto: K. Manthey, 2005

Allerdings waren Turmbauten eine Geldfrage. Somit wurden sie ein Zeichen von wirtschaftlicher Potenz. Denn der Bau eines Kubikmeters Turm war doppelt bis viermal so teuer wie normaler Kirchenraum. Also wurde besonders gerne in armen Regionen, oder dort wo die jeweilige Glaubensgruppe in der Minderheit war, auf den langen Lulatsch verzichtet. Zudem verlangten Geldgeber regelrecht den Verzicht, wie bspw. der Bonifatiusverein in Paderborn bei der Förderung von katholischen Diasporasakralbauten. Andererseits nutzten Bauherren und Geldgeber Türme effektvoll und sogar als politisches Zeichen. So geschehen z.B. beim Bau von Heilige Familie am Humannplatz. Dort wollte man in die Einöde der Arbeiterviertel des Prenzlauer Bergs ein katholisches Symbol stellen. Diese Vorhaben jedenfalls gelang und die 1930 eingeweihte Kirche von Carl Kühn hieß alsbald im Volksmund „Betender Riese“.

Aufstieg, Foto: K. Manthey, 2005

Sogar nach dem Zweiten Weltkrieg, als man auf Türme gerne verzichtete weil ein neues gemeinschaftliches Kirchenbild eher den funktionalen Raum zu erfordern schien, musste es oft zumindest einen Glockenträger geben. Teilweise wurde sich der Läutewerkständer sogar ökumenisch geteilt, wie bei den benachbarten Kirchen in Berlin-Plötzensee.

Blick auf den Wustrower Kirchturm von 1873, Foto: K. Manthey, 2005

Der Kirchturm von Wustrow auf dem Darß

Der Kirchturm von Wustrow auf dem Darß ist der Anlass für den heutigen Eintrag. Dort war ich vor über 17 Jahren. Zu dieser Zeit interessierten mich Kirchen eher allgemein. Beeindruckend war bereits damals, dass der Turm zu begehen war. Von oben hatte man einen schönen Ausblick zur Ostsee und dem Saaler Bodden. Gerne würde ich wieder einmal dorthin, um zu sehen was daraus wurde. Das Bauwerk ist eine Landmarke für das Fischland Darß. Sicherlich orientierten sich Seefahrer und Fischer anhand der Türm und Silhouetten.

Eingang, Foto: K. Manthey, 2005

1873 wurde die heutige Kirche übrigens eingeweiht. Der neugotische Bau stammt von mecklenburgischen Baubeamten Theodor Krüger (1818-1885). Ein einfacher Vorgängerbau aus dem 13. Jahrhundert wurde durch den Neubau ersetzt. Bereits zuvor war an dem Standort, einem aufgeschütteter Hügel, eine slawische Kultstätte. An den Innenraum erinnere ich mich nicht. Von der Turmbesteigung jedoch zeugen die Bilder in diesem Beitrag.

Die Ostsee vom Turm aus, Foto: K. Manthey, 2005

Links zum Kirchturm von Wustrow u.a.

Seite der Kirchengemeinde: https://www.kirche-mv.de/wustrow

Weitere Informationen zur Kirche und ihrer Geschichte: https://www.fischland-darss-zingst.net/fdz/wustrow/kirchen/fischlandkirche-wustrow.php

Wikipedia-Artikel über den Architekten Theodor Krüger: https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Krüger

Gegenüber von Wustrow auf dem Festland liegt Saal mit dieser Kirche
Auch am Darß gelegen

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