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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 10. Juli 2020
- Category: Kirchenporträts
Tägliche Kirche, Nr. 111, Dorfkirche, Saal
Saal ist ein Ort am gleichnamigen Bodden. Dort befindet sich eine gotische eindrucksvoll Kirche. Es ist eine Region mit genauso langer Geschichte. Anfänglich herrschen hier die Dänen. Von dort aus wird auch das Zisterzienser-Kloster in Eldena und später eines in Franzburg gegründet. Bis 1300 bilden sich die beiden Linien Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast heraus. Als um 1325 Rügen an Pommern nun ist die Region um den Darß Festland-Rügen und darüber hinaus kirchlich Teil des dänischen Bistums Roskilde. Mit Johannes Bugenhagen kommt 1534 die Reformation ins Land.
Die Saaler Dorfkirche, der Außenbau
Das Dorf wird erstmals 1255 erwähnt. In diese Zeit wird auch der erste Teil der Kirche datiert. Der heutige Chorraum im Osten ist somit der älteste Bauteil. Ebenfalls im 13. Jahrhundert ist der erste Geistliche vor Ort, dieser Priester Johannes wird nach 1296 Kanzler des Rügenfürsten. Der Chorbau weist deutlich gotische Gestaltungsregeln auf. Beispielsweise endet der Bau polygonal im idealen 5/8 Verhältnis. D. h. 5 Seiten eines Achtecks bilden den Abschluss, sozusagen die Altarwand.
Anschließend wurde alsbald ein Kirchenschiff angefügt. Dieses wurde nun deutlich größer. Das neue Langhaus wurde als Halle mit drei Schiffen, getragen von großen Pfeilern, errichtet. Der obere Abschluss ist hier ebenso wie im älteren Bauteil ein Kreuzrippengewölbe.
Vermutlich war dieser Bau Mitte des 15. Jahrhunderts abgeschlossen, da 1475 ein erster Holz verkleideter Glockenträger entstand. Dabei war zuvor ein Turm als Westabschluss der Kirche vorgesehen, jedoch schien der Baugrund nicht fest genug dafür gewesen zu sein. Der heutige Standort und die Gestalt des Glockenturms wird mit 1731 datiert. Ebenfalls später kommen noch Anbauten an den Chor im Norden und Süden hinzu.
Der Innenraum und seine Ausstattung
In diese Zeit, somit die Stilepoche des Barock, zählt auch der Großteil der Ausstattung der Kirche. Dafür ist die gotische Mächtigkeit der Hallenkirche bis heute deutlich zu erkennen und erfahrbar. Hingegen scheint der Barock nicht ganz die Kirche füllen zu können (oder zu wollen).
Doch die mächtigen vier mittelalterlich bemalten Pfeiler mit Achteckgrundriss gliedern und stützten nicht nur das Langhaus, sie tragen auch die über drei Seiten laufende Empore.
Wobei den Orgelempore noch ein Stück höher gesetzt wurde und ein Instrument des Orgelbaumeisters Christian Heinrich Kersten (1732-99) aus Rostock trägt. Diese Orgel ist zwar relativ klein gilt jedoch als die besterhaltene Orgel dieser Werkstatt.
Altar, Kanzel, Taufstein
Der Altar stammt vom Anfang des 18. Jahrhunderts und ist Dittrich Harting (auch: Diederich Hartig, gest. 1735) aus Rostock zugeschrieben. Das Hauptbild zeigt eine Ölbergszene gerahmt durch teilweise gedrehte Säulen und Prophetenfiguren.
Direkt davor befindet sich ein „Altargehege“, d. h. ein durch Holzbrüstungen abgegrenzter Bereich. Dabei ist mir die genaue Bedeutung dieses Bauteils nicht bekannt. Möglicherweise wird damit auch im Protestantismus die besonderes Bedeutung, die Heiligkeit des Altars und des Abendmahlgeschehens betont, analog zu den Altarschranken im katholischen Kirchenbau bis ca. 1965.
Ebenfalls von Harting stammt die Kanzel am Chorbogen. Genauso wie der Altar ist auch sie vielseitig gestaltet. Der Korb wird von einem Posaunenengel getragen, der hat die Bibel an seiner Seite.
Bildszenen erinnern ebenso wie der Altaraufsatz an das Leben und Leiden Jesu. Der Schalldeckel ist innen mit einer Heiliggeist-Taube gestaltet. Immerhin waren dessen Gaben bei der Predigt besonders von Nöten. Bekrönt wird der Deckel mit einer Figur des Auferstandenen.
Heute vor dem Altar aufgestellt ist das älteste Stück, ein Taufsteinfragment aus dem Hoch oder -Spätmittelalter. Er soll seitdem in der Kirche gewesen sein. Weiterhin findet sich an der Südwand des Chores ein Pastorenportrait des Andreas Friderici (1715 bis zum Tod 1732 in Saal), in seine Zeit fällt die barocke Gestaltung der Kirche.
Kuriositäten
Übrigens diente zeitweise einer der Choranbauten als Gefängnis. Dort wurden Beschuldigte bis zum Richtspruch fest gesetzt. Denn die Kirche war das sicherste Gebäude und der Richter war nicht ständig vor Ort. Bis heute sind hier die eisernen Ringe für die Fesseln und das Guckloch für den Aufseher erhalten.
Darüberhinaus hat der berühmte Vitalienbruder Claus Störtebecker zeitweise im Saaler Raum gelebt. Er habe wohl für den Bau der Saaler Kirche gespendet. Es wird angenommen, dass er sich auch zeitweilig dort versteckte und vermutlich über einen Geheimgang von der Kirche bis zum Bodden gelangte.
Würdigung und Schluss
Die Saaler Kirche war folglich eine repräsentative Seemannskirche. Bis heute dominiert die Anlage von Turm und Kirche das Ortsbild. Die reizvolle Mischung von dänisch geprägter Backsteingotik des Außenbaus und der barocken Ausstattung im Inneren macht diese Kirche zu einem wichtigen Beispiel für den Kirchenbau in der Region. Darüber hinaus ist der heute zu Ribnitz-Damgarten zählende Sakralbau in der Urlaubssaison täglich ab 9 Uhr bis abends geöffnet und eine Kirchenaufsicht kann gerne Fragen zur Kirche beantworten. Absolut lohnenswert ist diese letzte #täglicheKirche um die ich seit 15 Jahren herumgeschlichen bin und nun endlich auch hinein konnte. Vielen Dank für Ihre treue Leserschaft und einen schönen Sommer – Bis bald hier oder dort!
Weiteres im Netz
Die Reihe, 111mal Kirche: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Die Seite der Gemeinde: https://www.kirche-damgarten.de/saal.htm
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