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Hl. Dreikönige, Rahnsdorf

Im Bereich des (Erz-)Bistums Berlin gibt es nur eine Kirche Heilige Dreikönige. Dieser Sakralbau steht jedenfalls in einem in den 1920er Jahren neu besiedelten Teil Rahnsdorf. Daher sammelte hier ein Kirchbauverein ab 1929, ausgehend von der Mutterpfarrei Berlin-Friedrichshagen, für einen Kirchenbau. Pfarrer Melchior Grossek (1889-1967, Link Wikipedia), selbst Künstler und auch in der Künstlerseelsorge aktiv, war der Bauherr. Ob er der Impulsgeber für die Namensgebung war, ist nicht belegt. Das realisierte Bauwerk indessen war ursprünglich als erster Schritt und Notkirche gedacht. Später sollte zudem in den kleinen Bau der Pfarrsaal einziehen. Im Anschluss plante man eine größere Kirche. Erhoffte man doch in dem neuen Siedlungsgebiet am Schonungsberg eine wachsende Gemeinde. Doch mehr als diese, im Juli 1934 geweihte Kapelle, wurde nie in Rahnsdorf erbaut.

Moderne, Entwurf, Josef Vassillière
Entwurfsskizze Ansicht des Kirchenbauprojekts (heutige Kapelle links), vor 1934.
Q: PfAR St. Bonifatius, Erkner
Außenansicht von Süden her, im Untergeschoss war die Pfarrwohnung

Außenbau

Trotzdem lassen sich bis heute die modernen Bauideen des Architekten und der Bauherren nachvollziehen. Aufgrund der Fenster und Kunstwerke besonders von Odo Tattenpach (interner Link; auch: Hanns Schulz-Tattenpach) ist bis heute ein Stück expressiv-moderner Kunst erhalten geblieben. Doch der an einem Hang stehende, kubische Bau mit eingezogenem quadratischen Chorraum weist noch weitere, teilweise bauzeitliche Ausstattung auf.

Schulz-Tattenpach, Entwurf für den Altarraum, um 1941
Die vier sichtbaren Reliefs wurden in Betonguß ausgeführt
Q: PfAR St. Bonifatius, Erkner

Innenraum

Innenansicht mit Blick zum Altarraum (umgestaltet 1981)

Die Fenster die den Kirchenraum einseitig von Osten beleuchten sind ebenso wie ein Rundfenster über der Empore von 1946, hergestellt durch August Wagner. Dagegen ist Urheber des an der Westwand befindlichen Triptychons aus den 1920er Jahren unbekannt. Dort sind die Kreuzigung, links die Kreuzabnahme und rechts Christus am Ölberg dargestellt.

Das Triptychon mit Kreuzigung als Hauptbild (unbek. Künstler)
Foto/ Bearbeitung: K. Manthey, 2019

Obschon das Dreikönigsfenster an der Chorwand, von Hannes Schulz-Tattenpach (1905-1953, Wiki-Link), einem später als Odo Tattenpach vor allem im Leipziger Raum bekannt gewordenen Künstler, am auffälligsten ist.

Die Fenster von Schulz-Tattenpach von 1934 (Detail)
lt. Inventar signiert mit: „Entw. Hannes Schulz Tattenpach Ausführung G. Schulz und Jost Berlin […]“

Weiterhin stammen von ihm auch drei Zement-Relief-Arbeiten aus dem Jahre 1941 die in die Kirchenwand eingelassen waren. Eines davon zeigt das Pastor-Bonus-Motiv und befindet sich links neben dem Altarraum von Hl. Dreikönige. Die anderen wurden ausgebaut, u.a. war die Marienfigur der Gemeinde zu „kantig“.

Tattenpachs Guter Hirte von 1941
Quelle aller nicht gekennzeichneten Abbildungen: Bildarchiv EBO

Der Architekt

Josef Vassillière (1897-1967), der Architekt, war außerdem ein Aktivist der frühen Moderne. Er kam 1922 nach Berlin und studierte zuvor an der Baugewerkeschule in Aachen. Übrigens arbeitete er im Büro von Mies van der Rohe und galt dort als Spezialist für Villen und Kirchen. Außerdem hatte er Kontakt zu Carl Sonnenschein uns seinem Künstlerkreis und schuf auch Illustrationen für dessen Schriften. Selbst Albert Speer war an Vassillière interessiert, doch dieser lehnte ab und verließ 1939 mit seiner Familie Berlin. Er ließ sich in Bad Wimpfen nieder und war dort Stadtbaumeister. In sofern war er viel im Bereich des denkmalpflegerischen Arbeitens tätig und avancierte zu einem Spezialisten für Burgen-An- und Umbauten.

Wenn jemand mit solch einem Hintergrund vor dem Krieg als Spezialist für Kirchenbau galt, welche Entwürfe und Projekte stammen wohl noch aus seiner Hand (die Berliner Denkmalliste führt nur eine Doppelwohnhaus auf)?

Würdigung

Dieser einfache Sakralraum birgt spannende Details. Beispielsweise hervorragende Altarfensterbild, Heilige Dreikönige ist in seiner Wirkung und Farbigkeit einzigartig und das mitten in einer kleinen Siedlung im Berliner Südosten. Kurzum: Heilige Drei Könige in Berlin-Rahnsdorf ist ein kubisches Kleinod.

(als Tägliche Kirche, Nr. 39, Hl. Dreikönige, Rahnsdorf, am 29.4.2020 erst veröffentlicht, erneut überarbeitet, 6.1.2022)

Die Reihe:
https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/

Dieser Erste Beitrag wurde hier integriert
Noch ein zweiter mit den Entwürfen

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