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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 5. April 2020
- Category: Kirchenporträts, Kleine Beiträge
Tägliche Kirche, Nr. 15 St. Joseph, Wedding
Neuromanisch unweit der SPD liegt St. Joseph im Wedding. Die momentane Kathedrale des Erzbistums Berlin begegnet uns derzeit in den sonntäglichen Videostreams von Gottesdiensten. Seit dem März 2018 ist diese Kirche der Ersatzort für die Pontifikalliturgie des Erzbistums Berlin, solange bis zur Fertigstellung von St. Hedwig.
Benediktinische Kunst – „Die Beuroner Schule“
Diese Kirche im Berliner Wedding wurde nach Entwurf von Wilhelm Rincklake (1851-1927), seit 1896 Pater Ludgerus in Maria Laach errichtet. Weiterhin wird die Mitarbeit von Wilhelm Frydag (wohl als Bauleiter) berichtet. Der Benediktinerarchitekt erbaute die Kirche in der Tradition der Beuroner Kunstschule und ließ diese auch so ausgestalten. 1868 gründete P. Disiderius Lenz die Werkstatt am Benediktinerkloster Beuron. Diese Kunstrichtung hatte große Auswirkungen auf die christliche Kunst der Zeit. Eine wirkliche Neuerung stellte die sich an altchristlicher, altbyzantinischer und auch altägyptischer Kunst orientierende Stilistik nicht dar. Es gab Bezüge zu den Idealen der Nazarener, einer romantisch-religiösen Kunstrichtung v.a. in Wien und Rom im 19. Jahrhundert.
Das besondere an der Beuroner Kunst sind die statischen Figuren und die bedacht gewählte Farbigkeit der Bilder. Im Einklang mit den liturgischen Erneuerungsbewegungen in Benediktinerklöstern, wie Maria Laach, sollte die Kunst auf wesentliches fokussieren und konzentrieren.
Die Straßenfront zur Müllerstraße hin wies vor der Kriegszerstörung noch Turmhelme auf. Übrigens fäll bereits hier auf, dass die Traufhöhe nicht groß überschritten wurde oder werden durfte.
Innenraum und Ausstattung
Oben sehen wir den eine historische Innenraumansicht. An den Außenwänden der Seitenschiffe befinden sich die Kreuzwegstationen. Diese Bilder in Freskentechnik sind Kopien von B. Scherer, 1919, nach den Originalen von Fr. Desiderius Lenz in der Marienkirche Stuttgart, 1884. Auch sie sind im Stile der Beuroner gemacht.
Auch der Herz-Jesu-Seitenaltar zeigt die typische Beuroner Art. Am linken Bildrand reicht Josef der Ziehvater Jesu dem thronenden Christus ein Modell der Kirche zur Huldigung und Segnung.
Der Blick auf den bauzeitlichen Chor zeigt nicht nur einen filigranen freigestalteten neoromanischen Hochaltar. Auch die Engel im Rund der Apsis und die Kopie des Kalottenmosaiks von San Clemente in Rom findet man hier auch. Außerdem ist an dem Kreuzweg erkennbar, dass in der Beuroner Kunst Kopieren keine Herabsetzung bedeutete. Mit dem qualitätsvollen Abbilden eines wichtigen Vorbilds der christlichen Kunst verband man sich mit der Tradition und lud auch das neugeschaffene Bild damit auf.
Eine seltene Ansicht bei den Berliner Hofkirchen ist die von hinten. So sah St. Joseph rückwärtig aus.
Links (intern)
Alle Beiträge der Reihe #täglichekirche https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
Links (extern)
Seite des Erzbistums Berlin mit Livestream zum Gottesdienst https://www.erzbistumberlin.de/wir-sind/corona/
Wikipediaartikel zur Beuroner Schule
Wikipediaartikel über St. Joseph, Berlin-Wedding
Hier ein 360° Panorama-Bild der Kirche:
https://tools.wmflabs.org/panoviewer/#St._Joseph,_Berlin-Wedding,_360x180,_160724,_ako.jpg
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