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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 21. April 2020
- Category: Kirchenporträts, Kleine Beiträge
Tägliche Kirche, Nr. 31, St. Joseph, Werneuchen
Wer im Bereich des Bistums Berlin Moderne Kirchen sucht wird schnell fündig. Hochwertige Bauten sind hier entstanden. St. Joseph Werneuchen ist eine ganz besondere Kirche. Sie steht am Beginn der Kirchenbaumoderne und wird heute im Rahmen von #tägliche Kirche auf kirchenbauforschung.info vorgestellt. Dieser Sakralbau ist klein, einfach, modern und gut. Darüber hinaus steht auch er im Zusammenhang mit dem Berliner Diözesanbaurat Carl Kühn. Er lieferte einen Teil der Entwürfe. Entstanden ist wohl eine der unbekannt-spannendsten Kirchen. Eine Entdeckung an einem unerwarteten Ort.
Gemeindegeschichte
Heute leben gut 8300 Menschen im Stadtbereich Werneuchens, der neben der Kernstadt acht Ortsteile umfasst. Der erste katholische Geistliche vor Ort, Erich Klawitter, schrieb in der Pfarrchronik, die Stadt sei stets eine „arme Ackerbürgerstadt geblieben“. Überdies erhielt man 1898 Anschluss an die Bahnstrecke. So wurde die erste Heilige Messe nach der Reformation, 1922 durch den Pfarrer aus St. Antonius Berlin-Ost gehalten. Der Pfarrer der Bernauer Mutterpfarrei Herrmann bemühte sich um ein kirchliches Zentrum in der Stadt Werneuchen für die Umgebung mit gut 200 Gläubigen. 1932 erwarb die Gemeinde das Baugrundstück für St. Joseph.
Geschichte des Baus
Das Kirchlein wurde nahe dem Bahnhof errichtet. Dank verschiedener institutioneller Geldgeber und einer ausgedehnten Sammelaktion wurde der Bau für 7000 RM zügig begonnen. „Den Entwurf lieferte nach einer Skizze des Diözesanbaurates Kühn und einer Vorarbeit von Bernhard Heidemann der Architekt Bernhard Rindsfüsser, Berlin Tempelhof.“ Weswegen Kühn nur die Skizzen lieferte kann daran gelegen haben, dass ihm mit Ernennung zum Diözesanbaurat, 1930, zunächst Projekte nur mit ausdrücklicher bischöflicher Genehmigung gestattet waren. Erst ab 1933/34 hatte dieses Verbot kein Gewicht mehr. Am 18.12.1932 wurde St. Joseph in Werneuchen benediziert.
Der Außenbau
Somit entstand ein kleiner kubischer Klinkerbau mit flach gedecktem stumpfen Fassadenturm. Entsprechend orientiert sich die Gestalt von St. Joseph in Werneuchen an schmucklosen Formen der Bauhausarchitektur. Ferner ist der Innenraum eine kleine rechteckige Halle mit 70 Sitz- und 30 Stehplätzen. Darüber hinaus erhielt der eingezogene Chor von St. Joseph einen geraden Wandabschluss. Die Außenmaße betragen gut 15 mal 7 Meter. Obgleich 1941 nur gut 220 Katholiken im Gemeindegebiet leben.
Der Innenraum
Die Innenausstattung wurde 1942 hergestellt, dabei lieferte Dr. Egbert Lammers die Entwürfe des Altar-Mosaiks „St. Joseph Custos Domini“ und die Fenster. Überdies hatte Lammers die künstlerische Gesamtleitung übernommen.
Infolge kamen der neue Altar aus Travertin und die Leuchtergestaltung für St. Joseph von Prof. Edwin Scharff (1887-1955) hinzu. Während der Umbaumaßnahmen wurde neuer Fußboden verlegt und ein Beichtstuhl in den Vorraum gestellt, ihm gegenüber hinter einer Bretterwand befand sich eine Behelfssakristei. Der bereits 1939 geplante Sakristeianbau für Werneuchen wurde 1951 fertiggestellt.
Die Gestaltung von Kircheninnenräume wurde oftmals in den Kriegsjahren nachgeholt. Alldieweil die Kirchenbauvorhaben den Gemeinden kein Geld mehr übrig ließen für die Ausstattung. Doch nach dem Bauverbot, 1938, wurden Gelder angespart und viele kunstvolle Räume entstanden. Am 6.6.1943 konsekrierte der dritte Bischof von Berlin Konrad Graf von Preysing die Kirche.
Übrigens 1957 wurde die Ausstattung durch einen neuen Tabernakel von Paul Brandenburg und tongebrannte Kreuzwegstationen von Mia Brandenburg vervollständigt.
Des weiteren kam es 1971/72, in Folge der liturgischen Neuerungen, zur Umgestaltung des Altarraumes. Neue Fenster stiftet Bischof Alfred Kardinal Bengsch, diese gestaltete Johannes Roemer aus Leipzig.
Einschätzung
Die katholische Kirche St. Joseph in Werneuchen ist aufgrund der klar modernen Kubatur ein eindrückliches Zeugnis der katholischen Kirchenbaumoderne im Land Brandenburg. Dass der heute als konservativ eingestufte Diözesanbaurat die Skizzen lieferte, zeugt von seiner Bereitschaft sich mit zeitgenössischen Bauideen auseinanderzusetzen.
(Teile dieses Textes wurde erstmalig 2017 publiziert, unter:
Katholischer Sakralbau zwischen den Kriegen in Brandenburg
am Beispiel des ersten Diözesanbaurats Carl Kühn (1873–1941)
in: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Hrsg.), Brandenburgische Denkmalpflege, N.F. 3.2017, Heft II, S. 29-36.)
Die Reihe #täglicheKirche
https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
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