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St. Michael, Müncheberg, 1938 (XXII.XII.)

St. Michael in Müncheberg ist letzte bekannte Kirchenneubau von Carl Kühn. Dort entstand eine einfache Landkirche am Rande einer brandenburgischen Kleinstadt. Bis heute ist die Stadt, die im Landkreis Märkisch Oderland lieht und deren Geschichte ins 13. Jahrhundert zurückgeht, amtsfrei. In acht Ortsteilen leben etwas mehr als 7100 Menschen. Als Markflecken fungierte Müncheberg im Mittelalter, übrigens geht der Name auf Zisterziensermönche aus dem Kloster Leubus bei Breslau zurück, denen und einem Nonnenkonvent wurden die Ländereien geschenkt, deren Zentrum Müncheberg wurde. Zwar wechselten die Herrschaften, dennoch konnte die Stadt sich behaupten und erhielt neue Orte und Ländereien. Schließlich entstand im 19. Jahrhundert dort eine der wichtigsten Poststationen Preußens, entlang der heutigen B1 in Richtung Frankfurt. Ein weiterer Wendepunkt ist die Ansiedlung landwirtschaftlicher Forschung im Jahr 1928, die bis heute dort Bestand hat. Der Arzt und Genetiker Erwin Baur gründete das Kaiser-Wilhelm-Institut für Züchtungsforschung. Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. ist heute der größte Arbeitgeber. Die Katholische Gemeinde gibt es weiterhin, nun als Teil der Großpfarrei St. Maria Magdalena Oderland-Spree mit Sitz der Hauptkirche in Frankfurt/Oder.

Historische Stadtansicht (1907), rechter Hand das Gutshaus, später: Haus Müncheberg,
dort war die erste Station der katholischen Gemeinde
Q: PfAr St. Michael, Chronik

Vorgeschichte katholischen Gemeinde in Müncheberg

Ab 1907 wurde Müncheberg von Strausberg aus seelsorgerisch versorgt. Der Geistliche hielt in einem angemieteten Tanzsaal Messe, deren Besucher waren vorrangig polnische Saisonarbeiter.  Nach einem Inhaberwechsel, 1922, sollte eine sehr hohe Miete gezahlt werden. Daher wurden 1 000 M vom Bonifatiusverein für Grunderwerb bewilligt. Dennoch kam die kleine Gemeinde zunächst in gemieteten Sälen unter.  Seit April 1933 war mit Gerhard Lorenz ein eigener Seelsorger vor Ort, die die Städte Buckow, Müncheberg und die Ortschaften in der Nähe. Er mietete für zunächst drei Jahre Räume an. Man kam im Herrenhaus des ehemaligen Gutes unter, im „Haus Müncheberg“.

Einweihung der Marienkapelle im Haus Müncheberg, 25.5.1933, durch Bernhard Lichtenberg,
Q: PfAr St. Michael, Chronik

Dort entstanden eine Pfarrwohnung und die erste eigene Kapelle, die St.-Marien-Kapelle, die im April 1933 eingeweiht werden konnte. Lange war kein eigener Kirchenbau in Sicht. So wurde Mietvertrag weitere fünf Jahre verlängert. Doch nun musste der Kuratus mit einer Kündigung zum Herbst 1937 rechnen. Daher bat er nachdrücklich um weitere finanzielle Unterstützung, somit konnte der Kirchenbau in Angriff genommen werden. Darüber hinaus war auch die Gründung eines Kirchbauvereins geplant. Ebenso kam von der Diözesanebene Unterstützung.

Sigel der Kirchengemeinde auf einem Dankesbrief an den Bonifatiusverein 1939, Q: ABW, Mappe Müncheberg

Auf der Suche nach einem Grundstück

Also begann Pfarrer Lorenz mit der Suche nach einem geeigneten Baugrundstück. In dem Stadtzentrum, so berichtete er, sei nichts zu bekommen gewesen. Doch in der Nähe zur Altstadt und der Siedlung, unweit des Bahnhofs Dahmsdorf-Müncheberg, wurde mit 15 000 m² ein zu großes Landstück angeboten. Carl Dirk, ein Bauunternehmer aus Heiligensee, kam als Sachverständiger inkognito nach Müncheberg und besichtigte mit dem Geistlichen vor Ort die möglichen Angebote. Daraufhin beschloss man um ein Teilstück des ersten Angebots zu verhandeln.

Nun schaltete sich der Diözesanbaurat Carl Kühn ein: „[…] Als Herr Baurat Kühn mir erklärte, dass das so geschnittene Trennstück geeignet und der Preis tragbar sei und ich Herrn Liebenow [den Verkäufer, d. Verf.] festnageln sollte, habe ich mir von ihm das notarielle Angebot machen lassen.“
(Q: Kur. Lorenz, Gesuch um Unterstützung zum Erwerb eines Grundstückes, an den DVBV, 16.1.1937, in:  ABW, Berlin, Müncheberg).

Anfang April hatte die Gemeinde dem Paderborner Verein Grunderwerbsnachweise, Skizzen, eine Erläuterung und die Kostenaufstellung Kühns zukommen lassen. In Paderborn folgte zügig die Begutachtung, da man Ende April bereits die Entscheidung herbeiführen wollte.

St. Michael in Müncheberg: Der Entwurf von Kühn

Carl Kühn, Müncheberg Skizze: Kath. Kirche u. Pfarrhaus, 1937, Planblatt mit Ansichten,
Grundriss und Längenschnitt, Q: PfAr St. Michael Müncheberg

Carl Kühn legte für die fast 600-köpfige Gemeinde ein Projekt mit Pfarrhaus, Unterrichtraum und Kirche vor, dessen Kosten er auf ca. 45.000 M schätzte. Er plante 345 Plätze in der Kirche. Für den Kirchenbau berechnete er eine Teilsumme von 19.000 M. Kühn selbst lieferte einen Erläuterungsbericht, der knapp seinen Entwurf vorstellt:

Historische Außenansicht, Q: PfAr St. Michael Müncheberg

Der Architekt machte dort deutlich, mit welchen einfachen Mitteln er bemüht war, die Wirkung eines würdigen Sakralbaus zu erzielen. Denn die zur Verfügung stehenden Gelder waren knapp bemessen. Also hatte Kühn erneut eine rechtwinklig zueinanderstehende Baugruppe aus Kirche und Profanbauten geplant. Für seinen Plan erhielt er vom Bauberater des Bonifatius-Vereins Max Sonnen Lob. Dieser billigte sogar hingegen der Richtlinien den kleinen Turm:

„Mit Rücksicht auf die sparsame Ausbildung der Kirche wird man deshalb auch gegen die Ausbildung des Turmes, die – absolut genommen – den Sparsamkeitsbeschlüssen widerspricht, nichts einzuwenden haben. Im Übrigen ist der Turm ein wesentlicher Faktor in der gesamten Baugruppe, […].“ (Beurteilung M. Sonnen, in: ABW, Mappe Müncheberg)

Der Druck im Bistum Berlin war hoch, bereits Anfang Mai erinnerte man den Generalvorstand an die Dringlichkeit des Baubeginns. Jedoch fehlten noch 10.000 M, beide Gemeinden mussten dem Bonifatiusverein daraufhin versichern, dass sie keine eigenen Geldmittel mehr einbringen konnten.

Im Herbst 1937 lag die Baugenehmigung vor. Die Gemeinde erhielt aus Paderborn die erste Rate von 35 000 M. Somit konnte Kühn das Material beschaffen und den Bau beginnen. Erst am 27. Februar 1938 kam die feierliche Grundsteinlegung. Materialknappheit und  der Winter brachten das Baugeschehen zum Erliegen. Schließlich hatte der Diasporaverein bis 1941 mit mehr als 53.000 M den Großteil des Bauvorhabens finanziert.

Die Gebäude vor dem Neubau, Foto: F. Vetter, um 2003, Q: Bildarchiv EBO

Baubeschreibung von St. Michael Müncheberg

In Müncheberg ist schlichter L-förmiger Putzbau entstanden. Der linke Teil der Vorderseite ist der nicht sonderlich hohe eingezogene Turm mit Satteldach. Daran schließt ein niedriger Verbindungsbau an, der die Kirche ursprünglich mit dem eingeschossigen, etwas höheren satteldachgedeckten Pfarrhaus verband. Dort befindet sich heute ein neuerrichtetes Gemeinschaftszentrum und eine Kindertagesstätte. Die freistehende Langseite der Kirche hat sieben Rundbogenfenster zur Beleuchtung. Die andere vier.

Der Innenraum vor 2017, bevor die Stücke aus der Buckower Kirche hierherkamen,
Foto: F. Vetter, Q: Bildarchiv EBO
Die bis 1968 bestehende Altarraumgestaltung mit dem Sgraffito von Schöllgen,
Foto: Akte Müncheberg, ZR EBO

Im Innenraum erreichte der Bau eine größere Höhenwirkung aufgrund des bis ins Dach hineingehenden Kirchenraums. Ursprünglich war an der Chorwand eine Sgrafffito-Malerei, der Gekreuzigte von zwei Engeln flankiert, von Hubert Schöllgen angebracht. Zudem gibt es solch eine Darstellung des Künstlers bereits in Torgelow. Zu welchem Zeitpunkt das Bild hinzu kam, ist unbekannt. Heute befindet sich dort an der Wand hinter dem Altar der Grossstadtchristus, der ursprünglich in der Notkirche zum Guten Hirten, im damaligen Bildungshaus in der Pappelallee befand. 

Der Grossstadtchristus, ab 1968 in der Kleinstadt
Foto: K. Manthey 2023

Wirkung und Würdigung

Kühns St.-Michael-Kirche ist sein spätester Bau. Er passt stilistisch in einen „Neuen Heimatstil“, der im Kirchenbau verstärkt aufkam, wie Jan Feustel 2008 in einem Text zur Kirche feststellte. Auch Der Gutachter Sonnen wies in einem Gutachten zum Kühn-Entwurf erneut darauf hin, dass dieser sich „[…]der märkischen Gegend trefflich anpaßt.“ (Stellungnahme zum Entwurf, April 1937, in ABW). Mir fallen dabei übrigens die Parallelen zu den evangelischen Gemeindeheimen jener Zeit auf. Die in den kleinen Neusiedlungen der 1930er Jahre entstanden. Dort waren Kirche und Gemeindehaus zusammengebunden. Nach der Fertigstellung von St. Michael gab es keine neuen Kirchenbauprojekte mehr.

Der Blick zurück, Foto: K. Manthey 2023

Es war schon länger schwer Kirchen zu errichten, die sieht am z.B. an dem Projekt in Königs Wusterhausen. Schließlich beschränkte der zweite Vier-Jahres-Plan der Nationalsozialisten Baustoffe für bestimmte Bauaufgaben, wie Kirchen.

Damit trat man im Bistum Berlin in die letzte Phase der Bemühungen für kirchliche Bauvorhaben ein, kurz darauf sollte das Bauwesen zunächst ganz zum Erliegen kommen. Schließlich konnte in den letzten Kriegsjahren, das angesparte Geld für die Innenausstattung verwandt werden. Da diese meist immer zu kurz kam. Übrigens die St.-Michael-Kirche in Müncheberg erfuhr keine großen Kriegsschäden.

Mittlerweile ist die Kapelle in Buckow, Heilig Geist, aufgegeben. Dafür wurden Ausstattung von dort in St. Michael integriert. Mit dem Begegnungszentrum, als einem Angebot an die Menschen vor Ort, ist ein gute Anfang gemacht. Somit bleibt die katholische Kirche in Müncheberg sichtbar, auch wenn die kleine Gemeinde irgendwann nicht mehr großgenug wäre den Ort zu nutzen.

St. Michael in Müncheberg – Links

Über das Bauvorhaben Begegnungszentrum St. Hedwig auf den Seiten von d:4
https://d-4.de/gemeindezentrum-und-kita-st-hedwig-muncheberg/

Die Seiten der Katholische Gemeinde in Müncheberg:
https://www.katholisch-muencheberg.de/

Wikipediabeitrag zur Stadt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Müncheberg

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