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- Author: Konstantin Manthey
- Posted: 14. Juli 2024
- Category: Kirchenporträts, Kleine Beiträge
St. Erich, Hamburg-Rothenburgsort
Die Kirche St. Erich in Hamburg ist in Ihrer Bauform und in ihrer Ausstattung ein wunderbarer Kirchenraum des Aufbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie ist eine dieser Kirchen, die einzigartig echt daher kommt. Leider ist dieser Sakralbau mittlerweile vom Netz genommen und hart der Dinge die da kommen. Deswegen mach ich diesen Bau heute zum dritten Mal in überarbeiteter Form zum Thema.
St. Erich in Hamburg
Im Juli 2018 konnte ich einige katholische Kirchen in Hamburg besuchen. Vor kurzem wurde in einem Podcast mit Johann Hinrich Claussen und Karin Berkemann am Rand St. Erich als gefährdete Kirche erwähnt. Mit dieser Reinhard-Hofbauer-Kirche blieb bisher ein Meisterwerk dieses Architekten (1907-1976) erhalten. Während die ebenfalls herausragenden Berliner Kirchen St. Canisius und St. Johannes Capistran zerstört sind. Steht dort in der Hauptstadt nur noch St. Judas Thaddäus in Tempelhof und kann die Kunst dieses Baumeisters aufzeigen. Obwohl 2023 in St. Erich ein Abschiedsgottesdienst gefeiert wurde und die Kirche bereits 2019 durch die Baupolizei gesperrt wurde, steht die heutige Filialkirche der Domgemeinde St. Marien im Erzbistum Hamburg noch. Besonders der Turm und die sanfte Welle der Dachkontur setzen ein starkes Zeichen in der Hansestadt.
Vorgeschichte – St. Josef
Besonders der Turm und die sanfte Welle der Dachkontur setzen ein starkes Zeichen in der Hansestadt.
Die im Stadtteil Rothenburgsort befindliche Kirche, hatte einen Vorgängerbau an anderer Stelle. Diese St. Josefskirche lag am Bullenhuser Damm. Ein einfacher neugotischer Backsteinbau mit Dachreiterturm entstand und 1901 geweiht. Durch den Bombenkrieg über Hamburg, wurde diese Kirche 1943 zerstört.
Gut 800-1000 Meter vom alten Standort entfernt, wurde 1963 der neue Bau eingeweiht. Das Patronat war nun das des Schwedenkönigs Erich. Er regierte im 12. Jahrhundert. Wohl eine Betonung der starken Verbindung zu Skandinavien. Dort hatte der erste Bischof von Hamburg im 9. Jahrhundert, Ansgar, als Benediktinermönch gewirkt. Konsekrator war, passenderweise, der Stockholmer Bischof John Edward Taylor OMI (1914-1976).
Der Zauber der 1960er
Es entstand ein stützenfreier Raum mit bewundernswerter Raumstruktur. Bis heute ist die ursprüngliche Farbgebung nachvollziehbar. Ebenso finden sich noch heute etliche authentische Ausstattungsstücke. Die dominierende Farbe im Altarraum ist gelb. Leider scheinen mittlerweile die Fugen der Wandabdeckung durch (vermutlich die Isolation).
Viele qualitätsvolle Zeugnisse der 1960er Jahre sind in diesem Sakralbau überliefert. Ein textiler Kreuzweg, der an skandinavische Klosterarbeiten erinnert. Eine blau kassettierte Betondecke oder eine mit hellen Kunststoffelementen (!) verzierte Emporenverkleidung zählt ebenfalls zu diesen Spezialitäten. Der Altarraum erhält durch ein rundes Oberlicht eine starke vertikale. Davon herab hängt eine schwere Ewiglichtampel mit Kristallbesatz und mittlerweile davor findet sich der Tabernakel, wohl beide von Hofbauer entworfen.
Auch der heutige Gemeinderaum, wohl ehemals die Winterkirche und Nebenkapelle verweist mit ihrer Struktur auf die Hauptkirchen. Die ehemaligen Gemeindeflächen sind einem Supermarkt gewichen. Nun wurde dieser Kapellen-Raum länger wieder für die profane Gemeindezwecke genutzt.
Alle nicht weiter bezeichneten Fotos: K. Manthey 2018
(Überarbeitung der Beiträge vom Mai 2020 und September 2018)
Links
Der Podcast des Kulturbeauftragten der EKD, aktuelle mit Karin Berkemann über
das Kirchenmanifest: https://draussenmitclaussen.podigee.io
Eintrag zu St. Erich auf invisiblis bei moderneRegional: https://www.moderne-regional.de/listing/hamburg-st-erich/
Die Reihe im Überblick: https://kirchenbauforschung.info/taegliche-kirche/
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